Interview mit Charlotte Schroeter
Charlotte Schroeter, geb. 1988 in Paderborn, studierte Geschichte und Literatur in Paderborn und Bielefeld. Ihren Abschluss B. A. schrieb sie mit der Thesis ,,Der Vampir zwischen Omnipotenz und Identitätskrise“. Seit 2011: Plus Size Model Fotografie und Laufsteg und seit 2012: Dozentin im Bereich Kultur und Öffentlichkeitsarbeit an verschiedenen Bildungseinrichtungen.
Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?
Nein, Konkurrenzdenken ist mir völlig fremd. Ich bin überzeugt von meinem Schreibstil und meinen Ideen. Wenn es anders wäre, würde ich mich dem Buchmarkt nicht stellen.
Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?
Wenn ich sehe, welche Art Bücher (Feuchtgebiete etc.) zum Teil auf diesen Listen vertreten sind, verliere ich jegliches Interesse, bei solchen Rankings dabei zu sein.
Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?
Das Schnarchen meines Shih – Tzus Snoop. Wenn der Hund zu meinen Füßen schlummert, fließe ich nur so über vor Kreativität. Schreibblockaden sind mir fremd, wenn ich einmal mit einer Geschichte angefangen habe, funktioniere ich wie ein Roboter.
Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?
Zu meinem Debütroman ,,Das Gerstenberg – Haus“ habe ich eine Leserunde bei Lovelybooks gestartet, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ansonsten setze ich eher auf den persönlichen Kontakt zu den Lesern. Bei allen wichtigen öffentlichen Ereignissen in der Umgebung bin ich präsent.
Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?
Wie gesagt: Lovelybooks ist eine sehr gute Gelegenheit, mit den Lesern in Kontakt zu treten, viele von ihnen sind so nett, ihre Rezensionen im Internet zu ,,streuen“ und andere Leser darauf aufmerksam zu machen.
Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?
Man darf es als seriöser Autor ja kaum öffentlich sagen, aber ich stehe dazu: Marie Louise Fischer. Diese Frau wird vollkommen zu Unrecht als Verfasserin von Trivialliteratur abgestempelt. Ihre Familiensagen wie ,,Die Deinhartings“ oder ,,Die Weigands“ zeugen von intensiver Recherche in der Historie. Das bewundere ich sehr.
Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?
Ich finde diese Tatsache sehr bedauerlich. Grade wir Autoren kleiner Verlage haben kaum eine Chance, größere Bekanntheit zu erlangen, obwohl wir uns für unsere Romane mehr einsetzen müssen, als andere. Ich glaube, die Präsenz in den regionalen Medien ist ein guter Anfang.
Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?
Ausdauer. Ausdauer und Geduld sind in meinen Augen das Wichtigste. Die Suche nach einem Verlag ist kein Zuckerschlecken. Antworten treffen erst nach sehr langer Zeit oder auch gar nicht ein. Wer nicht von sich und seinem Werk überzeugt ist, wird hier schon aufgeben. Allen Anderen empfehle ich, es weiter zu versuchen und keine 0-8-15 Romane zu schreiben um sich von der Masse abzuheben.
Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?
Mir fällt es schwer, meinen Protagonisten ,,Leben einzuhauchen“. Ich habe Angst vor dem Moment, in dem ich das Ende des Romans erreicht habe und sie gehen lassen muss. Das ist immer ein tränenreicher Augenblick. Es ist sehr schwer, die Figuren, die bisher mir allein gehörten, loszulassen und in die Welt zu schicken.
Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?
Obwohl ich historische Romane schreiben, beinhalten meine Geschichten Aspekte, die auch die Gegenwart betreffen. Im ,,Gerstenberg – Haus“ geht es auch um Judenprgrome in Westfalen. Oft stelle ich diese Szenen an Schulen vor, um zu zeigen, dass Antisemitismus ein tief in der Gesellschaft verwurzeltes Problem ist, das abzuschaffen unser aller Aufgabe ist. Ich denke, dass jeder Mensch und damit auch jeder Autor das Recht hat, Kritik zu üben, an Themen, die ihn bewegen, solange diese Kritik respektvoll und angemessen ist. Autoren, die Fremdenhass propagieren, haben in meinen Augen nichts zu sagen.
Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?
Ich sehe mich nicht als Künstlerin, die arbeiten kann, wann sie grade Lust hat. Immerhin habe ich auch einen Beruf. Also schreibe ich nachts. Wenn alles ruhig ist, kann ich mich am besten konzentrieren. Dabei kommt der Schlaf allerdings immer ein wenig zu kurz.
Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?
Mein nächstes Buch wird sich deutlich von seinen beiden Vorgänger abheben. Zum Einen gehen wir in der Geschichte nicht ganz so weit zurück, diesmal spielt die Handlung in der 50er Jahren. Es wird eine Mischung zwischen Verschwörung, Spuk und Krimi. Der Plot gestaltet sich etwa so:
Riege 1928 – Ein gemeiner Kinderstreich endet für Clara mit dem Tod. Vier Freundinnen schwören, niemals preiszugeben, was an jenem tragischen Tag im Wald tatsächlich geschah. 30 Jahre später stößt der englische Journalist Henry Miller auf das Geheimnis um Claras Tod und kommt bei seinen Recherchen der Wahrheit gefährlich nahe.
Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.
Charlotte Schroeter im www