Interview mit Horst Eckert
Horst Eckert, Jahrgang 1959, lebt in Düsseldorf. Der von Kritikern viel gelobte Thrillerautor hat Politikwissenschaften studiert bevor er 15 Jahre lang als Fernsehjournalist (Tagesschau, RTL-Nachjournal) arbeitete. Sein Debüt „Annas Erbe“ erschien 1995. „Schwarzer Schwan“ wurde als bester deutschsprachiger Krimi des Jahres mit dem „Krimi-Blitz 2012“, dem Publikumspreis der Krimi-Couch, ausgezeichnet.
Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkur-renz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?
Horst Eckert: Nein. Wenn ich schreibe, bin ich ganz auf meine Figuren und ihre Geschichte fokussiert.
Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?
Horst Eckert: Es ist normal, dass man angesichts eines unüberschaubar großen Buchmarkts nach Orientierung sucht. Die einen gehen nach Kritiken, die anderen nach Empfehlungen von Freunden. Bestsellerlisten sind eine Möglichkeit, aber manchmal findet man dort nur einen kleinsten gemeinsamen Nenner statt eines großartigen Buchs.
Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?
Horst Eckert: Arbeiten. Mich an den Schreibtisch setzen und mit meinen Figuren beschäftigen. Eine Blockade gibt es nur dann, wenn ich meine Figuren zu wenig kenne. Sobald ich weiß, was sie wollen, läuft es.
Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?
Horst Eckert: Zu viel. Facebook ist eine Zeitvertrödelungsmaschine. Manchmal gibt es aber Neues dort oder tolles Feedback.
Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?
Horst Eckert: In erster Linie sollten Autoren schreiben. Fürs Vermarkten ist zuerst der Verlag zuständig.
Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?
Horst Eckert: Mich inspirieren interessante Geschichten. Die finde ich in Büchern und Filmen, aber auch in der Zeitung oder in der Nachbarschaft. Es gibt einige Autoren, die mir gezeigt haben, wozu Literatur fähig ist. Aber ich lerne auch von mittelmäßigen Kollegen, wenn mir bei diesen auffällt, was man besser vermeiden sollte.
Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?
Horst Eckert: Das stimmt nicht. Rezensenten machen auch gern Neuentdeckungen. Aber jeder Autor fühlt sich von ihnen zu wenig gelobt.
Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?
Horst Eckert: Lass deine Figuren handeln, stelle ihnen Hürden in den Weg und zeige, wie sie diese aktiv überwinden. Erzähle ihre Vorgeschichte keinesfalls im ersten Kapitel, denn das bremst nur die Erzählung.
Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?
Horst Eckert: Was ich nicht kenne, kann ich nicht gut beschreiben. Recherche hilft. Ich verstehe nicht, warum Sex oft so albern beschrieben wird. Neulich las ich: „Ihre aufgerichteten Brustwarzen stachen in seine Handflächen“. Geht’s noch?
Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?
Horst Eckert: Ich finde Politik spannend. Aber auch hier gilt: Man sollte wissen, worüber man schreibt und nicht einem bloßen Vorurteil folgen. Und nicht versuchen, Leser zu bekehren oder Botschaften zu predigen. Das langweilt oder stößt ab.
Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?
Horst Eckert: Ein paar Stunden pro Tag sind das Mindeste. Wenn es gut läuft oder die Abgabefrist näher rückt, können es auch Zwölfstundenschichten sein, sieben Mal pro Woche.
Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?
Horst Eckert: Seit 27. Februar ist „Schattenboxer“ in den Buchläden, der zweite Fall für Vincent Veih, Kriminalkommissar und Sohn einer RAF-Terroristin. Ein Mörder legt sein Opfer auf dem Grab einer Selbstmörderin ab und Vincent versucht herauszufinden, was die beiden jungen Frauen verband. Dabei kommt er einem Komplott auf die Spur, in das die eigene Mutter verwickelt ist.
Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.