Interview mit Rolf Stolz

 

(c) Rolf Stolz

(c) Rolf Stolz

Rolf Stolz ist Schriftsteller und Photograph. Geboren in Mülheim an der Ruhr, Studium in Köln und Tübingen, Diplom-Psychologe. Viele Reisen. Mehr als zwei Dutzend Bücher – u. a. zwei Romane (zuletzt Das Blutmeer, die Treppe aus Glas 2012), Erzählungen, acht Lyrik-Bände, Essays. Seit 2001 Photographie-Einzelausstellungen in Deutschland und in Rumänien; seit 2011 Mitherausgeber der Zeitschrift des KUNSTGEFLECHTs „RHEIN!“, Zeitschrift für Worte, Bilder, Klang.

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Nein. Ich schreibe jedes Buch erst einmal für mich, solange ich daran schreibe. Ist es fertig, wird der es lesen, dem es bestimmt ist und der zu den wenigen Glücklichen gehört, die gelernt haben, wie man liest.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Wer Krücken braucht, sollte mit Krücken gehen, das ist besser als nur herumzusitzen. Ich habe im übrigen für meinen eigenen Bedarf meine eigene Rangreihe.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Sich nicht beeindrucken zu lassen von den eigenen Defekten. Ich schreibe, wenn es möglich ist und ich schreiben will. Ich schreibe stets das, das gerade dran ist, entweder in mir oder weil ein von mir akzeptierter Abgabetermin eingehalten werden muß.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Wenig, so wenig wie eben möglich. Der Leser kann ja seinen Hintern bewegen, um auf meine Netzseite zu gehen und mir zu schreiben, was ihm wichtig scheint.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Darauf, Ungewöhnliches ausgezeichnet zu schreiben.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Die Klassiker: In Sachen Sprachgewalt die Luther-Bibel und die Grimmschen Märchen, in Sachen Präzision und Klarheit Kleist und Hemingway, in Sachen apollinische Harmonie Goethe und Schiller, in Sachen Stimmung und Farbe Eichendorff, Storm, Joseph Roth und Fitzgerald, in Sachen Satire Swift, Heine, Busch und Kästner, in Nachtsachen Hölderlin, Céline und Simenon, in Abenteuerangelegenheiten Bulgakow, du Maurier, Tolkien.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Indem konsequent am Untergang der großen, ebenso überholten wie überflüssigen Tanker gearbeitet wird (keine Käufer = kein Geld = kein Einfluß).

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Der schlimmste Fehler ist, statt eines möglicherweise eher schlechten eigenen Buches ein mit Sicherheit schlechtes fremdes (fremdbestimmtes, abkopiertes) Buch zu schreiben. Nur ein wirklich neues und besonderes Buch wird benötigt, nicht die x-te Wiederholung!

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Ich halte es für die Aufgabe des Autors, sich an alles Schwere und Schwierige heranzuwagen. Stellt man fest, daß man scheitert, war diese Erfahrung den Versuch wert, auch wenn der Text in den Müll wandert.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Ich erwarte Sachkenntnis und Mut. Daß etwas heikel ist, bedeutet immer, daß darüber gesprochen und geschrieben werden muß und daß man den Totschweigern und Zensoren nicht nur aufs Maul schauen, sondern auch aufs Maul hauen muß.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Ich habe feste Vorsätze, aber keine festen Zeiten.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Es ist ein Roman über einen einsamen und zweifelhaften Menschen, dessen Handlung die Weltgeschichte verändert hätte, wenn …

Fabelhafte Bücher: Mit bedanken uns herzlich für das Gespräch.

 


Rolf Stolz im www