Interview mit Sonja Kaiblinger

 

(c) Loewe Verlag

(c) Loewe Verlag

Sonja Kaiblinger wurde 1985 in Krems geboren. Sie hat als Eisverkäuferin, Museumsführerin, Werbetexterin, Nachtwächterin, Flughafen-Mitarbeiterin und Werbespot-Darstellerin gearbeitet, bevor sie als Lehrerin ihre Brötchen verdiente. In jeder freien Minute bringt sie die Geschichten zu Papier, die ihr im Kopf herumspuken. Sie lebt in Wien.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Ich versuche es auszublenden, um mich nicht einschüchtern zu lassen. Allerdings versuche ich dann auch wieder mit einem neutralen Blick auf die Konkurrenz zu schielen, um abschätzen zu können, welche Texte im Moment gefragt sind. Trotzdem bemühe ich mich, das ist eigentlich noch wichtiger, meine eigenen Lieblingsthemen in meinen Büchern zu behandeln. Über Themen zu schreiben, nur weil sie gerade gefragt sind, ist nicht so mein Ding. Zum Glück unterstützen mich meine tolle Agentin bei scripts for sale sowie meine Lektorin bei Loewe bei solchen Überlegungen.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Natürlich wäre ich gern mal auf der Spiegel-Bestseller-Liste! Allerdings denke ich nicht, dass sich Leser (insbesondere Kinder und Jugendliche) von solchen Listen besonders stark beeindrucken lassen. In dieser Zielgruppe funktioniert meiner Meinung nach viel über Mundpropaganda, Lesungen oder Internet, insbesondere Soziale Netzwerke. Ich habe von vielen Jugendlichen gehört, dass sie Rezensionen auf Bücherblogs lesen, um zu neuem Lesestoff zu gelangen.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

In Durchhängerphasen nicht zu schreiben. Meistens liegt der Durchhängerphase etwas anderes zugrunde – ein Problem oder eine andere Sache in meinem Leben, die sehr viel Denk-Zeit beansprucht. Dann versuche ich, erst das Problem zu lösen und danach nachzudenken, ob ich mich wieder bereit fühle, ein Buch zu schreiben. Klingt das irgendwie logisch?

Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Sehr viel, so kommt es mir vor. Ich mache rund 5 Lesungen pro Monat, viele in Deutschland, somit geht auch sehr viel Zeit für An- und Abreise drauf. Aber Lesungen sind ein toller Teil des Autorenlebens und ich möchte sie keinesfalls missen.

Außerdem betreibe ich eine Homepage und 2 Facebook-Seiten. Ich antworte auf Fan-Briefe oder verschicke Autogramme. Ebenso führe ich für jedes meiner Bücher auf der Plattform www.lovelybooks.de eine Leserunde durch. An manchen Tagen brauche ich dafür länger als für die eigentliche Schreibarbeit. Aber ich mag den Kontakt zu Lesern sehr gerne, somit habe ich damit kein Problem.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Abgesehen von den oben beschriebenen Maßnahmen unternehme ich selbst kein Marketing, das ist Sache meines Verlags. Wenn man Bücher selbst verlegt, ist das bestimmt wieder etwas anderes – ansonsten würde ich jedem neuen Autor raten, sich möglichst oft aus dem stillen Schreibkämmerchen rauszutrauen – um Lesungen zu machen, Interviews zu geben oder auf Buchmessen zu fahren.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Da habe ich nicht wirklich eine Person – ich lese viele Genres. Aber als Leserin mag ich Joanne K Rowling, Sophie Kinsella, Ursula Poznanski, Kerstin Gier, Eva Völler und Marliese Arold.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Da habe ich leider auch keinen guten Ratschlag parat – vermutlich werden für die üblichen Verdächtigen, wie Sie sagen, mehr Werbemaßnahmen durchgeführt, die diese Titel dann in den Fokus der großen Feuilletons rücken. Ich wurde, als ich mit meiner „Scary Harry“-Reihe begonnen habe, auch mal von ein paar großen Blättern rezensiert, das geschah allerdings, ohne dass ich dafür etwas unternehmen musste. Vielleicht war es einfach Zufall.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Gute Frage – ich finde zuerst sollte man mal eine Sache klären. Will ich ein Buch schreiben oder will ich Autor/in werden?
Wenn ich lediglich ein Buch schreiben will, um meine eigenen Erlebnisse zu verarbeiten oder weil ich mich besonders inspiriert fühle – dann braucht man nicht unbedingt einen Verlag dafür. Es gibt online genug Möglichkeiten, in Foren oder in Schreibgruppen Texte auszutauschen. Viele große, seriöse Verlage wollen allerdings eine längerfristige Zusammenarbeit mit Autoren. Sie möchten diese Autoren längerfristig aufbauen. Ein Autor, der sich nur einmal inspiriert fühlt, zu schreiben, ist ein schwieriger Fall. Jedem, der professionell Bücher schreiben will, rate ich, die Sache überlegt anzugehen. Welche Agenturen, welche Verlage sind seriös? Welches Genre will ich schreiben? Was kann ich gut? Was lese ich selbst gerne? Woran muss ich noch arbeiten? Man darf keinesfalls davon ausgehen, alles perfekt zu können und sollte dankbar Ratschläge von Personen annehmen, die schon länger im Buchmarkt arbeiten. Wenn man sich Zeit gibt und die Motivation beibehält, stehen die Chancen gut.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Dazu kann ich als Kinder- und Jugendbuchautorin wenig bis nichts sagen. Allerdings tue ich mir generell mit romantischen Szenen schwer. Ich habe einen ganz sensiblen Kitsch-Radar, der sofort ausschlägt, wenn eine romantische Szene zu sehr in diese Richtung abdriftet. Das führt dazu, dass ich Szenen immer wieder umschreibe und einzelne Wörter austausche.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Das ist ganz unterschiedlich – ich gebe mir keine festen Zeiten, weil ich die leider ohnehin nicht einhalte. Stattdessen versuche ich, mich inhaltlich zu strukturieren. Heute zum Beispiel, habe ich mir vorgenommen, nach diesem Interview noch ein Kapitel „Scary Harry“ zu schreiben, etwa 8 Manuskriptseiten. Das ist eine ganze Menge. Aber der Tag ist ja noch jung…

Fabelhafte Bücher: Mit bedanken uns herzlich für das Gespräch.


 Sonja Kaiblinger im www