ZEIT ONLINE und Perlentaucher: Die besten Literaturportale im Netz
Ergebnisse einer Expertenumfrage unter Literatur-Bloggern im deutschsprachigen Raum
Die großen deutschsprachigen Nachrichtenportale – sie alle bieten auch spezialisierte Seiten für Literatur an. Das Angebot ist ähnlich und reicht von Berichten zu Trends und Entwicklungen über Interviews mit Schriftstellern bis zu Rezensionen und Bestenlisten. Doch die Qualität und die Ausrichtung sind dabei höchst unterschiedlich.
Um die besten Seiten zu ermitteln, haben wir in zwei Runden insgesamt 300 Inhaber und Redakteure von Literaturwebsites und -blogs gebeten, an unserer Befragung teilzunehmen. Warum gerade diese Gruppe? Als professionelle und halbprofessionelle Literaturschaffende haben diese Menschen einen besonderen Zugang zur Materie: Sie beschäftigen sich selbst mit der Themenpalette der Literaturportale und das sowohl inhaltlich wie stilistisch. 102 Seiteninhaber und –redakteure sind der Bitte gefolgt und haben sich die Zeit genommen, unseren Fragebogen sorgfältig auszufüllen. (Einige der Teilnehmer stellen wir exemplarisch hier vor: Weiterlesen.) Außerdem haben sich die meisten Blogs und Websites über die Zeit einen eigenen Leserstamm aufgebaut und wirken selbst meinungsbildend – in der Summe hat ihr Wort durchaus Gewicht. Wie sie über die Literaturportale denken, schreiben und verlinken, kann diesen kaum egal sein.
Welche Kriterien wurden ermittelt?
Die Umfrage sollte kurz und prägnant sein. Gefragt haben wir nach folgenden vier Kriterien: Informationsbreite, Informationstiefe, Aktualität und Portalgestaltung. Außerdem baten wir die Teilnehmer, die beiden Nachrichtenportale zu benennen, die sie wählen würden, wenn sie fortan nur noch zwei nutzen dürften. Auf diese Weise wurden die wichtigsten Literaturportale aus Sicht der Welt der Literaturblogger ermittelt. Sozusagen die persönlichen Favoriten.
In alphabetischer Reihenfolge wurden die Online-Angebote folgender Medien vorgeschlagen: FAZ-ONLINE; FOCUS ONLINE; Perlentaucher; SPIEGEL ONLINE; Stern-Online; Süddeutsche-Online; taz-Online; DIE WELT-Online und ZEIT ONLINE. Darüber hinaus wurden die Befragten eingeladen, nach eigenem Ermessen weitere Literaturportale hinzuzufügen, die sie für wichtig erachteten. Im Ergebnis gab es einige wenige Nennungen für die Onlineportale des Tagesspiegel, der NZZ, des Börsenblattes, sowie für lovelybooks, Bücher.de und Amazon. Doch konnten die genannten Seiten insgesamt nicht erfasst und berücksichtigt werden. Das liegt an der geringen Zahl der Nennungen – ein Ergebnis auf der Basis einer Handvoll Abstimmungen wäre nicht valide und zufällig.
Differenzierte Ergebnisse – Die Netzwelt liebt ZEIT ONLINE und den Perlentaucher
Die Ergebnisse sind ein klares Lob für einige und ein ebenso klarer Arbeitsauftrag für andere Portale. Bewertet wurde nach dem Schulnotenprinzip. Der so ermittelte Schnitt zeigt differenzierte Bewertungen in den einzelnen Kategorien. Auf die Frage „Wenn ich nur noch zwei der Portale lesen dürfte und mich daher entscheiden müsste, dann wären das unbedingt diese („Am wichtigsten:_ und: am zweitwichtigsten:_“) wählten 45,1 % ZEIT ONLINE. Am zweithäufigsten wurde der Perlentaucher als wichtigstes Medium angegeben. Der Perlentaucher fällt neben der ZEIT ONLINE ohnehin als Liebling der Blogger auf. „Die ZEIT ist aktueller und schneller, dafür geht Perlentaucher in die Tiefe und findet mehr abseits des Mainstreams„, findet etwa Matthias, ein Onlineredakteur aus Kitzen/Thesau. Ähnlich urteilt Annira aus Hamm: „Was interessante und auch kritische Berichte über die Literaturwelt betrifft, ist mir von euren Portalen jedenfalls am meisten die ZEIT in Erinnerung geblieben. (…) Perlentaucher ist für mich wiederum das Magazin, das für mich aus der Reihe fällt. Die anderen sind nämlich alles große Zeitungen, die auch über „Politik und die Welt“ berichten. Perlentaucher dagegen kenne ich als reines Kulturmagazin.“
Es folgen die FAZ-ONline mit 11 %. Die Onlineportale von Focus, Spiegel, Stern und Süddeutsche liegen zunächst weit abgeschlagen im Bereich von 3 % bis 5 %, holen jedoch später auf.
Persönlicher Favorit: Das wichtigste Portal | ||
FAZ-Online | 11,0 | % |
Focus-Online | 5,5 | % |
Perlentaucher | 28,6 | % |
SpiegelOnline | 3,3 | % |
Stern-Online | 3,3 | % |
Süddeutsche | 3,3 | % |
taz-Online | 0,0 | % |
WELT-Online | 0,0 | % |
ZEIT ONLINE | 45,1 | % |
Aber es durften ja zwei Portale gewählt werden – jeder Befragte war eingeladen, ein wichtigstes und ein zweitwichtigstes Literaturportal zu wählen. Am häufigsten auf dieser Zweitplatziertenliste wurde Spiegel Online gewählt – mit 23,1 %. 22 % wählten auch hier ZEIT ONLINE – häufig waren es jene, die am wenigsten auf den Perlentaucher verzichten mochten, die dann zumindest an zweiter Stelle auch nicht ohne ZEIT ONLINE auskommen wollten. Ebenfalls gute Platzierungen errangen die Süddeutsche Online mit 19,8 % und der Perlentaucher mit 16,5 %. Gar keinen Eindruck machen die Online-Literaturseiten von taz und WELT. Die Netzwelt kann sich offenbar gut vorstellen, ohne die Literaturangebote dieser beiden Medienhäuser auszukommen. Den betroffenen Redakteuren mag man da nur zurufen: An die Arbeit! Krempelt die Ärmel hoch, es gibt viel zu tun.
Persönlicher Favorit: Das zweitwichtigste Portal | ||
FAZ-Online | 13,2 | % |
Focus-Online | 1,1 | % |
Perlentaucher | 16,5 | % |
Spiegel Online | 23,1 | % |
Stern-Online | 4,4 | % |
Süddeutsche | 19,8 | % |
taz-Online | 0,0 | % |
WELT-Online | 0,0 | % |
ZEIT ONLINE | 22,0 | % |
Versucht man, die Erst- und Zweitplatzierungen gemeinsam zu gewichten, so kann man hierzu auf ein Punktesystem zurückgreifen. Man kann den Portalen, die eine Erstplatzierung erhalten haben, zwei Punkte geben und jenen, die „nur“ – aber immerhin – eine Zweitplatzierung erhalten haben, einen Punkt geben und dann die Punkte addieren.
Auf diese Weise ergibt sich das folgende Bild: ZEIT ONLINE ist mit 102 Punkten in Sachen Literatur unangefochten das wichtigste Portal. Erst mit 67 Punkten folgt der Perlentaucher auf Platz zwei. Dann FAZ-Online mit 32 Punkten und einigermaßen dicht dahinter Spiegel Online mit 27 Punkten und die Süddeutsche-Online mit 24 Punkten. Selbst wenn man sagt, die Erstplatzierung ist nur 1,5 Punkte wert, nicht aber zwei Punkte, so würde sich an den Platzierungen doch nichts ändern – die Abstände bleiben stabil.
Favoriten nach Punktesystem: | ||
2 Punkte für Erstplatzierung; 1 Punkt für Zweitplatzierung | ||
FAZ-Online | 32 | Punkte |
Focus-Online | 11 | Punkte |
Perlentaucher | 67 | Punkte |
Spiegel Online | 27 | Punkte |
Stern-Online | 10 | Punkte |
Süddeutsche-Online | 24 | Punkte |
taz-Online | 0 | Punkte |
WELT-Online | 0 | Punkte |
ZEIT ONLINE | 102 | Punkte |
Die Noten in den einzelnen Kategorien
Es hat zwar eine hohe Aussagekraft, welches gewissermaßen die „Lieblingsseiten“ der Literaturblogger sind. Doch ein differenzierteres Bild ergibt sich in den einzelnen Kategorien: Breite, Tiefe, Aktualität und Gestaltung.
Noten | Breite | Tiefe | Aktualität | Gestaltung | Gesamt |
FAZ-Online | 2,4 | 2,4 | 2,3 | 2,5 | 2,4 |
Focus-Online | 3,7 | 3,3 | 2,9 | 3,1 | 3,3 |
Perlentaucher | 1,6 | 2,4 | 1,6 | 2,4 | 2,0 |
Spiegel Online | 2,7 | 2,9 | 2,5 | 2,4 | 2,6 |
Stern-Online | 3,5 | 3,3 | 2,9 | 2,8 | 3,1 |
Süddeutsche-Online | 2,3 | 2,2 | 2,1 | 2,1 | 2,2 |
taz-Online | 3,0 | 2,9 | 3,2 | 3,2 | 3,1 |
WELT-Online | 3,3 | 3,2 | 2,7 | 3,2 | 3,1 |
ZEIT ONLINE | 1,9 | 1,8 | 2,0 | 1,9 | 1,9 |
Informationsbreite – Perlentaucher ist top
Wie umfassend wird vermittelt? Finden nur Bestseller Aufmerksamkeit oder auch mal anspruchsvollere Literatur und Literatur jenseits vom Mainstream? Hier gewinnt eindeutig der Perlentaucher, der im Schnitt die Schulnote 1,6 erhält. Und das wohlgemerkt bei einem durchaus kritischen Publikum, wo es vereinzelt auch mal Fünfen und Sechsen hagelt. Kritisch schreibt etwa Sandra: „Ich habe in den letzten Jahren immer mehr das Gefühl bekommen, dass der Feuilleton und da besonders der Literaturteil bei Zeitungen / Zeitschriften wie FAZ, TAZ, Spiegel etc. keinen besonders hohen Stellenwert genießt und aktuelle Themen in der Literaturwelt selten aufgegriffen oder richtig erkannt werden.“ Phillip aus Hildesheim bläst ins gleiche Horn und attestiert den Nachrichtenportalen insgesamt zu wenig Interesse an Literatur. So streng urteilte natürlich nicht jeder.
Und neben dem Perlentaucher? Auch das Angebot von ZEIT ONLINE fand in puncto Informationsbreite mit der Note 1,9 durchaus die Zustimmung der „Szene“. Süddeutsche-Online, FAZ-Online und Spiegel Online liegen mit Noten zwischen 2,3 und 2,7 im soliden Mittelfeld.
Informationstiefe – hier spielen alle im Mittelfeld
Doch Breite ist noch keine Tiefe. Erzeugen die Portale Tiefe, beispielsweise indem sie unterschiedliche Blickwinkel erlauben? Z.B. über Streitgespräche und kontroverse Interviews? Auch hier schlägt mit 1,9 wieder der Klassenprimus ZEIT ONLINE zu. Der Rest liegt zwischen 2,4 und 3,3 so dass sich hier eigentlich allen Portalen ein gutes Bild attestieren lässt. Die Unterschiede fallen jedenfalls nicht ins Auge.
Aktualität – Der Perlentaucher schlägt die großen, ressourcenreicheren Portale
Werden die Seiten regelmäßig aktualisiert und weisen insgesamt einen lebhaften Wechsel von Artikeln und Beiträgen auf? Hier schneidet keines der Portale richtig schlecht ab – wenngleich eine 3,2 für die taz, deren Literaturangebot übrigens nicht gerade leicht zu finden ist, sicher kein Ruhmesblatt ist – doch mit 1,6 setzt sich der Perlentaucher hier vom breiten Mittelfeld ab und sprintet dem gelben Trikot entgegen.
Die schönste Seite hat ZEIT ONLINE
Wer von den Befragten kennt das nicht: Alte und neue Inhalte konkurrieren umeinander und man steht vor der Aufgabe, die vielfältigen Artikel und Beiträge möglichst übersichtlich und sinnvoll auf der Seite zu platzieren. Die selben Probleme – eine Nummer größer – haben die von uns untersuchten Portale. Wir geben es zu: Unser Favorit bei der Gestaltung der Website wäre der Perlentaucher gewesen. So dezent ist die Werbung wohl nirgends. Igor, Onlineredakteur aus Salzburg, schreibt: „Grundsätzlich ist jede Seite mit zuviel störender Banner-Werbung belegt. Werbung zwischen den Absätzen stört beim Lesen. Werbung in den Service-Leisten machen die Seiten extrem unübersichtlich.“ Doch die Befragten haben anders entschieden: In Hinblick auf die Gestaltung liegt ZEIT ONLINE mit 1,9 vorn. Gut kommt auch die Süddeutsche mit 2,1 weg.
Gesamtwertung – Blumen für ZEIT ONLINE, den Perlentaucher, und die Süddeutsche
Bildet man gewissermaßen den Schnitt vom Schnitt, so ergibt sich ein differenziertes Gesamtbild. Es gibt ein Spitzenfeld mit ZEIT ONLINE (1,9), dem Perlentaucher (2,0) und der Süddeutschen-Online (2,2), ein kleines Mittelfeld mit FAZ-Online (2,4) und Spiegel Online (2,6), sowie die Schlusslichter: Das sind die Online-Literaturressorts von taz, Stern, WELT und Focus. Noch ein Warnschuss für die vier letztgenannten: Die Befragten haben immer jene Felder freigelassen, deren Beantwortung sie sich aus Unkenntnis des jeweiligen Portals nicht zugetraut haben. Was nun diese vier Medien, insbesondere aber die taz und die WELT angeht, so sind die Felder hier auffällig oft lehr geblieben. Diese Medienangebote finden in der Welt der Literaturblogger und -websites einfach zu wenig statt. Hier kann nur mit hochwertigen und stetigen Beiträgen gegengesteuert werden.
Noch ein Nachwort zur Methodik
Die Qualität von Literaturportalen kann auf verschiedenen Wegen ermittelt werden. Mag man zunächst auch an die Besucherzahl und an die Anzahl der Klicks denken, so ist dies jedoch eher ein Indikator für den wirtschaftlichen Erfolg, weniger für die Qualität (Vgl. Schlinghoff/Backes-Gellner, zfbf 2002; 344 f.).
Mehr Validität verspricht die sog. bibliometrische Zitationsanalyse. Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde, dass qualitativ hochwertige Artikel von den anderen Vertretern der Profession erkannt und daher zitiert werden (Tappenbeck, Bibliothek 25, 2001; 320 / Stock ifo-Beiträge 1994; 46 ff.). Mehr Zitate bedeutet so: Mehr Qualität (Schlinghoff/Backes-Gellner a.a.O. / Pommerehne Jahrbuch Nationalökonomie und Statistik 201, 1986, 285).
Um so ein Ranking erstellen zu können, ist einfach als Fleißarbeit die Erfassung der Erwähnungen der Literaturportale auf hunderten von Blogs und Websites notwendig. Letztlich ist das nur die sozialwissenschaftliche Entsprechung des Pageranks von google – die Prinzipien sind ähnlich. Obwohl ein solches Vorgehen plausibel ist, ist es auch anfällig für Fehlerquellen. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob Spiegel-Online auf irgendeinem Blog nur mal eben am Rande erwähnt wird, oder lobend auf der Hauptseite. Auch eine ausdrücklich negative Erwähnung würde ebenso positiv zu Buche schlagen, wie eine dezidiert positive (Vgl. Diskussion bei Dyckhoff et. al. WiSt 2005, S. 64 / Gröls/Gröls, JZ, 2009, 32 f.).
Eine andere, auch im vorliegenden Ranking genutzte Methode ist die Befragung. Hier werden subjektive Qualitätswahrnehmungen in Expertenbefragungen gesammelt und gemittelt. Diese Methode ist aufwendiger, aber auch ertragreicher. Man gewinnt die authentischen Aussagen von Fachleuten, die in der Literaturszene in der Summe durchaus meinungsbildend sind und Einfluss auf Leserströme haben.
Allerdings ist auch diese Methode nicht frei von validitätsverzerrenden Fehlerquellen. So wird jemand, der etwa gegenüber der taz oder der WELT ohnehin schon politische Abneigungen hegt, Schwierigkeiten haben, das Internetangebot dieser Portale unvoreingenommen zu beurteilen. Im Vergleich zu anderen Methoden scheint die Methode der Expertenbefragung dennoch die valideste und im geringsten Maße fehleranfällige zu sein (Gröls/Gröls, JZ, 2009, 32 ff.).
Zur Befragung wurden in zwei Runden 300 Inhaber und Redakteure von literaturbezogenen Blogs und Websites eingeladen. Neben diesem Kriterium wurde auf die Qualität der Websites geachtet sowie auf eine Auswahl verschiedenster Richtungen. Websites für Fantasyliteratur wurden ebenso eingeladen wie Blogs für klassische Literatur; der sogenannte Mainstream war ebenso vertreten wir exotische Literatur. Österreicher und Schweizer ebenso wie Deutsche.
Von den 300 Angesprochenen sind insgesamt 102 Befragte der Einladung gefolgt. Die Quote von einem Drittel stellt für eine empirische Befragung einen hervorragenden Wert dar und lässt sich neben anderen Faktoren insbesondere mit der hohen Affinität der Befragten zum abgefragten Themengebiet erklären. Eine Rolle mag daneben für einige Teilnehmer das Angebot gespielt haben, namentlich und mit einem Link im Rahmen der Untersuchung Erwähnung zu finden.
Hilfreich war auch der Aufbau der Untersuchung selbst. Diese war bewußt kurz und prägnant gehalten. „Ich mach sonst ungern bei Surveys mit, aber ihr habt es kurz und unaufwendig gestaltet„, schreibt zum Beispiel Hannes. Eine besonders ausführliche Befragung wäre an methodische Grenzen gestoßen, auch ist der Grenznutzen zusätzlichen Aufwandes gering. Um etwa Detailaussagen zu Unterkategorien einzelner Seiten zu erhalten, müssen hinreichend viele Antworten generiert werden. Jedoch gilt: Je verästelter die Fragestellung, desto weniger Teilnehmer treffen Aussagen. Und nur bei hinreichend vielen Aussagen kann den Ergebnissen eine gewisse Validität zugestanden werden.
Bei der Beurteilung selbst haben wir uns für das Schulnotensystem entschieden. Markus, Redakteur aus München schreibt: „Bin mir nicht sicher, ob diese Schulnoten-Bewertung dem Thema angemessen ist, bzw gerecht wird. Hätte aber auf die Schnelle auch keinen Gegenvorschlag!“ Wir schon: So hätte z.B. auch mit anderen Methoden, etwa einem Punktesystem oder einer Rankingskalierung auf Basis der Likertskala gearbeitet werden können. Doch zum einen weisen diese Methoden ebenfalls spezifische Probleme auf (heiß diskutiert wird etwa, ob eine Likertskala eine „Mitte“ haben sollte, oder nicht). Zum anderen hat das Schulnotensystem den Vorteil, dass man bei allen Befragten auf Vorwissen bauen kann und keinen weiteren Absatz zur Erklärung eines neuen Systems verwenden musste. Grundsätzlich gilt: Je mehr Erklärungen nötig sind, je aufgeblähter die Untersuchung ist, desto geringer ist die Teilnahmequote.
Zum Schluß ein Wort zur Validität. Validität wird im Alltagsgebrauch mit „Repräsentativität“ gleichgesetzt. Ist die Untersuchung repräsentativ? Um dies im streng sozialwissenschaftlichen Sinne sein zu können, hätte zunächst die Grundgesamtheit aller Literaturblogs- und websites im deutschsprachigen Raum erfasst werden und auf dieser Basis eine 1:1-Stichprobe gebildet werden müssen. Dies ist schon technisch nicht möglich. Es gibt keine zentrale Meldestelle, bei der die entsprechenden Daten „mal eben“ heruntergeladen werden können. Dennoch gibt es gut gepflegte Blogverzeichnisse, die für die vorliegende Untersuchung auch genutzt wurden. Die „Szene“ ist relativ übersichtlich, es gibt nicht etwa tausende von Blogs sondern nach unserer Einschätzung ca. vier bis fünf Hundert Literaturblogs und -websites im engeren Sinne. Mit über 100 Rückmeldungen hatten wir u. E. eine gute, valide Basis für die Erfassung des subjektiven Meinungsbildes der deutschsprachigen Literaturblogredakteure zum Untersuchungsgegenstand. Bei diesen möchten wir uns zum Schluss herzlich für die Teilnahme und für das viele Lob bedanken.
Autor: Beste Bücher // Hinweis: Dieser Artikel hatte weit über 100 Likes und Social Signals; nach einer Überarbeitung des Artikels sind diese nicht reimportiert worden.
Schön geschrieben!
Was mich ein bisschen stört/gestört hat (schon nach Eurer Anfrage) war, dass Ihr davon ausgegangen seid, dass alle Befragten oben genannte Seiten kennen UND regelmäßig lesen. Also alle, nicht nur eine oder, wie in meinem Fall, keine einzige.
Ich glaube, das ist auch das mit uns Bloggern, dass wir , gerade auch als Genreleser, eher auf andere Blogger vertrauen (und dort auch überhaupt erst Literatur finden, die uns zusagt) und dann eben nicht die Großseiten besuchen (wollen).
Inwieweit das nun das Ergebnis verfälscht, kann ich jedoch nicht bestimmen. Nichtsdestotrotz beide Daumen hoch! Ich musste mich damals im gleichen Studiengang auf die Straße stellen und die Leute zu Benzinpreisen befragen. Das hier ist doch wesentlich interessanter!