Rezension von Mona
„Noch so eine Tatsache über die Welt“ ist die Geschichte der kleinen Millie Bird, die sich auf spielerische Art und Weise seit ihrem 7. Lebensjahr mit dem Tod auseinandersetzt.
Denn da hat sie ihr erstes totes „Ding“ gefunden – ihren Hund. Seitdem führt sie Buch über sämtliche Toten, die ihr begegnen, ob Insekten oder Gegenstände, alles verdient seinen Platz in Millies Buch und ihrem Gedächtnis. Als dann ihr Vater stirbt, der ihr vorher noch erklärt hat, dass alle guten Lebewesen in den Himmel kommen, ist Millies kleine Welt erschüttert. Auch er endet als Eintragung in ihrem Buch, hinterlässt aber ein viel größeres Loch in ihrem Leben, als die tote Stubenfliege.
Gleichzeitig ist es aber auch die Geschichte von Karl dem Tasttipper. Er hat sich angewöhnt, alles, was er sagt, auf eine imaginäre Tastatur zu tippen. Als er Millie begegnet, die in einem Einkaufszentrum von ihrer Mutter zurückgelassen wurde, nimmt er sich ihrer an und ist gezwungen, sich mit seiner eigenen Geschichte auseinandersetzen.
Und dann lernen sie noch die extrem zwanghafte Agatha kennen, die seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr vor die Tür geht und sich jeden Tag bloß wenige Minuten zum Trauern zugesteht. Alle Charaktere sind auf ihre Weise sehr verschroben und traumatisiert, was sie letztendlich zusammenführt und sie gemeinsam nach Millies Mutter suchen lässt, denn alles deutet darauf hin, dass diese Millie im Stich gelassen hat…
Das Buch fing sehr vielversprechend an und hat in vollstem Maße meine Vorstellungen erfüllt. Ich habe mir eine sehr andersartige aber zarte Herangehensweise an das Thema Sterben bzw. Tod erhofft und eine kleine kindlich-naive Protagonistin, die man in sein Herz schließt, sobald man sie kennenlernt. Dazu ein einzigartiger Schreibstil und es bereitet mir unglaubliche Freude, der Geschichte zu folgen. Das war auch genau der Fall, bis dann die anderen beiden Handlungsstränge hinzukamen. Vorallem Agathas Geschichte war teilweise ein wenig abstrus, womit ich im Endeffekt nicht mehr wusste, in welches Genre sich das Buch einreihen will. Will es ein Kinder- bzw. Jugendbuch sein oder ein Erwachsenendrama!? Ich könnte es in keine Kategorie einreihen, als Kinderbuch finde ich es jedoch ungeeignet.
Vor allem die detaillierte Darstellung von Geschlechtsteilen und Sexszenen gehören meiner Meinung nach nicht in ein Kinderbuch. Als Erwachsenenroman jedoch finde ich die Geschichte teilweise zu kindlich. Was das anbelangt, ist die Geschichte einfach nicht rund und als Jugendliche hätte ich sie vermutlich überhaupt nicht gerne gelesen.
Irgendwie sind alle Charaktere charmant und die Idee ist schön und gerade auf Millie Bird bezogen ist die Umsetzung gelungen. Auch Karl der Tasttipper, der die fehlende Vaterfigur in Millies Leben stückweit ersetzt ist unglaublich sympathisch, aber das reicht meiner Meinung nach nicht, um eine Geschichte als gut zu bezeichnen. Ich wüsste auch gar nicht wem man dieses Buch empfehlen könnte oder sollte. Meiner Meinung nach ist die Grundidee der Geschichte sehr gelungen, hat aber einen großen Schönheitsfehler, den man nicht umgehen kann, und das ist diese Ziellosigkeit des Romans und der Tatsache, dass er zu viel auf einmal will. Das Kernthema Verlust und Trauer und daraus folgende Konsequenzen wird hier in aller Deutlichkeit behandelt, aber wenn sich die Autorin auf eben dieses Thema fokussiert hätte, ohne Nebenhandlungen einzuweben, hätte es mir vermutlich sehr viel besser gefallen.
So muss ich leider wirklich sagen, dass es meine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Wer aber an die Geschichte herangeht mit dem Wissen, dass es sich um eine erwachsene Geschichte mit Kinderbuchanteilen handelt, der könnte durchaus Spaß haben. Möglicherweise.
Fazit: Eine gute und wichtige Idee mit charmanten Charakteren, die jedoch eher fragwürdig umgesetzt wurde.