Rezension von Mona
„Wichtig ist, dass der Tod uns lebend ereilt.“ (S. 300)
„Hundert Tage Glück“ ist einer dieser Romane, die sich mit dem Thema Krebs auseinandersetzen. Mehr noch mit dem Thema Sterben. Was diesen Roman allerdings von vielen anderen seiner Art unterscheidet, ist, dass er sich in der Dramatik sehr zurückhält und insgesamt ein stark lebensbejahendes und positives Gefühl hinterlässt. Lucio Battistini ist der Protagonist dieses Buches. Er erzählt uns seine Geschichte, angefangen von seinem Alltag als aufreißerischer (aber verheirateter) italienischer Familienvater, bis hin zu der plötzlichen Diagnose Leber-Krebs und letztendlich zu seinen hundert letzten Tagen, bevor er beschließt, einen begleiteten Suizid durchzuführen.
Besonders präsent sind seine zwei besten Freunde, mit denen er die „Drei Musketiere“ bildet und allerhand unreife Dinge anstellt. Doch je greifbarer das Ende wird, desto mehr hinterfragt Lucio sein Leben und seine Stellung in seiner Familie. Seine Ehefrau duldet ihn nur noch, nachdem Lucio eine Affaire mit einer seiner Klientinnen hatte und insgesamt einen eher kläglichen Familienvater abgegeben hat. Dem versucht er nun entgegenzuwirken, indem er sich intensiver mit seinen Lieben und letztendlich auch mit sich selbst beschäftigt.
„Nachdem ich so viele Tage damit zugebracht habe, der Vergangenheit hinterherzuweinen und mir eine Zukunft auszumalen, die es gar nicht gibt, ist es an der Zeit, in der Gegenwart anzukommen.“ (S. 356)
Lucio hat bei mir ständig ein sehr zwiegespaltenes Gefühl hinterlassen. Einerseits ist er der Protagonist Marke Macho, der nichts anbrennen lässt und sein Denken stark auf Sex zentriert. Außerdem hatte es den Anschein, dass er erst nach seiner Diagnose mitbekommen hat, dass er überhaupt eine Familie hat.
Andererseits, und das ist wohl seine beste Eigenschaft, ist er permanent herrlich selbstironisch und weiß durchaus zu unterhalten. Dieser selbstironische Ton verleiht der ganzen Geschichte auch eine sehr lockere Atmosphäre, die des Öfteren zum Schmunzeln anregt. Und das ist meiner Meinung auch der große Pluspunkt dieses Romans. Er lässt zwar keine Tatsachen aus, geht mit ihnen aber immer auf irgendeine Art humorvoll und positiv um. So hat man eigentlich kaum das Gefühl, einem unvermeintlichen Ende entgegenzurasen, sondern vielmehr alles erdenklich Schöne in diese hundert Tage zu stecken, sie möglichst denkwürdig zu gestalten.
Was mir auch gefiel, war, dass Lucio den Leser zu Anfang persönlich angesprochen hat und das tödliche Ende vorweg genommen hat, sodass der Geschichte immer sehr viel Authentizität anhaftete. Und das finale Ende hat mich stark berührt, und zwar auf eine angenehme Art und Weise. Der Autor hat hier eine Vorstellung geschaffen, die mir vollkommen neu, aber ungemein tröstlich war.
Alles in Allem hat mir die Erzählweise sehr gut gefallen, die Geschichte selbst empfand ich teilweise allerdings recht dünn. Das Buch ist sehr leicht lesbar und weiß gut zu unterhalten, mehr jedoch nicht. Natürlich hinterlässt es beim Leser ein bestimmtes Gefühl und sehr wahrscheinlich erzielt es auch in gewisser Weise eine Wirkung.
Aber was mich betrifft, so konnte mir das Buch nachhaltig nichts mit auf den Weg geben, außer ein ansprechendes Design im Bücherregal.
Fazit
Ein Buch, das dem Thema Sterben positiv gegenüber tritt und mit einem sehr unterhaltsamen Protagonisten und Schreibstil aufwartet. Im Großen und Ganzen war mir die versuchte Tiefgründigkeit allerdings zu dünn.