„Einen Streifzug durch die Welt der Literatur und Kultur“ – das verspricht der vielfältige und stilvolle Blog „Literaturen“ der ausgebildeten Buchhändlerin mit der Affinität zu Musik, Theater, Literatur und vor allem: zum schreiben! Sophie Weigand bringt uns insbesondere in dutzenden Rezensionen von A wie Jamil Ahmad bis Z wie Émile Zola interessante Bücher näher. Für fabelhafte-buecher.de hat sie die vier Fragen beantwortet.
FaBü: „Ich liebe Klassiker der Literatur, weil…“
SW: …sie für mich in ihren Themen stets eine gewisse Allgemeingültigkeit haben oder eine bestimmte historische Epoche in ihren Eigenheiten widerspiegeln. Bücher wie „Kleider machen Leute“ von Gottfried Keller sind zwar mittlerweile, zu meinem Bedauern, eher zur Schullektüre verkommen, die man gezwungenermaßen im Unterricht durchspricht und zu Tode analysiert, enthalten aber ganz grundsätzliche Aussagen über menschliches Zusammenleben. Autoren wie Charles Dickens zeigen nicht nur brilliant ausgestaltete Charaktere, sondern auch die Zeit der Industrialisierung in England und die Auswirkungen auf die einfachen Menschen. Klassische Literatur regt mich meistens zu intensiverer Beschäftigung mit den behandelten Themen an, seien sie nun geschichtlich oder auch philosophisch. Das ist ihre große Qualität. Sie haben nicht grundlos diese lange Zeit überdauert. Irgendwas steckt in ihnen, was uns auch nach hundert oder zweihundert Jahren noch fesselt und begeistert.
FaBü: “Bücher bedeuten für mich…”
SW: …viel. Als ich jünger war, waren sie mein Zugang zu einer alternativen Wirklichkeit, waren sie das bessere Äquivalent zum Fernsehen. Heute sind sie Zeitvertreib, sind sie Genussmittel, im Hinblick auf Sprache ganz besonders, sind sie die Einladung, mein Wissen zu erweitern, sind sie Ablenkung vom stressigen und oft eintönigen Alltag. Bücher werden für mich niemals nur Mittel des Konsums sein und der Unterhaltung. Ich finde, mit Büchern muss man manchmal auch ringen und kämpfen, in der Regel stellt sich der Kampf als lohnenswert heraus.
FaBü: “Wenn ich auf einer einsamen Insel strande, und mir eine Bücher-Fee drei Buchwünsche freistellt, dann wünsche ich mir…”
SW: Oje, sowas ist immer schwierig. Vermutlich „Momo“ von Michael Ende, weil in diesem Buch für mich, auch als Erwachsene noch, so viel Wahrheit steckt, dass es weit über das klassische Kinderbuch hinausgeht. „Vincent“ von Joey Goebel, weil ich dieses Buch einfach geliebt habe, seit ich es vor Jahren das erste Mal in der Hand hatte. Und mittlerweile vermutlich „1913“ von Florian Illies, weil ich jetzt, nach über einem halben Jahr, noch immer zutifest beeindruckt von dieser cleveren und humorvollen Anekdotensammlung bin.
FaBü: “Was ich von Literaturbestenlisten und Bestseller-Rankings halte? Folgendes…”
SW: Von Bestseller-Rankings halte ich gar nichts. Ich arbeite ja nun im Buchhandel und starre jeden Tag auf die SPIEGEL-Bestsellerliste. Und dabei wird mir meistens ganz elend. Bestsellerlisten sagen eben nichts über die Qualität und den Inhalt eines Buches, sie geben schlicht und ergreifend Auskunft darüber, wie gut sich etwas verkauft. Und da ich auch, ohne, die Bestsellerliste näher in Augenschein zu nehmen, schon weiß, dass mein Geschmack sich selten mit dem Massengeschmack deckt, hat diese Liste für mich als Leser keine Bedeutung. Als Händler schon, aber das ist ein anderes Thema. Mit Bestenlisten kann ich mich schon eher anfreunden, weil sie unter anderen Bedingungen entstanden sind und auch ein anderes Ziel als die bloße Abbildung von Verkaufszahlen verfolgen. Die SWR-Bestenliste zum Beispiel sehe ich mir immer mal wieder an und finde tolle Leseanregungen!