Rezension von Mona

„Hexensaat“ ist Teil des Hogarth Projektes, welches der Knaus Verlag ins deutsche holte. In diesem veröffentlichen acht renommierte Autoren Adaptionen zu Shakespeares Werken. Diesem Projekt wurde außerdem eine eigene Seite gewidmet: http://shakespeare-projekt.de

„Hexensaat“ ist die vierte Veröffentlichung und eine Adaption zu „Der Sturm“ (engl. „The Tempest“), ein wahrscheinlich eher unbekanntes Theaterstück, das Shakespeare vermutlich im Jahre 1611 fertig stellte. Es ist natürlich immer sinnvoll bei diesem Projekt, die originalen Texte zu lesen, egal ob vor oder nach der Adaption. Ich entschied mich dafür, vorher in „Der Sturm“ einzutauchen und mich somit mit einem bereits bestehenden Gefühl für die Geschichte der Adaption zu widmen. Für mich persönlich funktionierte das wunderbar. Nicht nur, weil Shakespeare mich höchstpersönlich wappnete, sondern weil ich so noch viel intensiver die Brillanz von Margaret Atwood erkennen und würdigen konnte.

Worum geht es?

Ich beziehe mich hierbei rein auf die Adaption: Felix, ein alteingesessener Theatermeister, lebt für seine Berufung. In ihr versucht er unter anderem den Tod seiner Frau und seiner 3-jährigen Tochter zu überwinden. Doch als sein Konkurrent Tony eine Intrige spinnt und den 50-jährigen sehr gekonnt von seinem Posten drängt, verfällt Felix in eine Lethargie, verbarrikadiert sich in einem heruntergekommenen Waldcottage und fristet sein Dasein. Einzig die halluzinierte Anwesenheit seiner Tochter gibt dem Theaterregisseur neuen Aufschwung. Nach Jahren der Abstinenz bewirbt er sich auf eine Stelle als Literaturlehrer in einer Haftanstalt, die er sogleich als Shakespeare Theatergruppe erklärt und auf großen Anklang stößt. Doch das Verlangen nach Rache begleitet ihn permanent und schon bald spinnt er einen Plan, für den er mit sämtlichen Inszenierungsfähigkeiten aufwartet.

Was Margaret Atwood hier getan hat und was mich so restlos begeisterte war, dass sie eine Metaebene für ihre Geschichte erschaffen hat. Denn mit seiner Theatergruppe plant Felix die Aufführung des Stücks „Der Sturm“, gleichzeitig erinnert Felix eigenes Schicksal und sein Charakter von Anfang an an den Protagonisten Prospero des Originalstücks, der mit seiner Tochter grob gesehen auf eine einsame Insel verbannt und von dem Gefühl der Rache getrieben wird. Während des Lesens fragte ich mich permanent, welcher Charakter wohl welche Entwicklung nehmen könnte (wobei die Autorin uns teilweise gezielt auf falsche Fährten lockt) und in welchem Zusammenhang er oder sie zum Originalstück steht.

So oder so, man kommt gar nicht drum herum sich mit dem Werk Shakespeares auseinanderzusetzen. Zudem hatte die Geschichte auch unabhängig davon, dass sie eine Adaption ist, einen enormen Spannungsaufbau. Ich persönlich las dieses Buch in zwei Zügen, restlos begeistert von der Spannung, der Dramaturgie und dem Schreibstil. Für mich zeugte diese Adaption von einem meisterhaften Können. Außerdem gibt es hier auch viele komische Momente. Allein die Idee, dass die Insassen des Gefängnisses in der Vorbereitungsphase ihres Theaterstücks ausschließlich Schimpfwörter benutzen dürfen, die auch in dem Originalstück enthalten sind, hat mir so manchen Lacher beschert. Hier eine Kostprobe:

„Du bist so ein pockennarbiger Kommunist“, meint SnakeEye. „Schiebs dir sonst wo rein, gescheckter Balg“, erwidert Red Coyote. „Kein Hurensohn-Streit, wir sind ein Team“, erklärt Leggs. Eine große Rolle nimmt auch Felix’ halluzinierte Tochter ein, ein Sinnbild dafür, dass er sich, gefangen in seinen Rachegelüsten, oftmals am Abgrund der Realität bewegt. Obwohl er meistens durchaus weiß, dass seine Miranda (die nach der Tochter im Stück benannt ist), nicht tatsächlich dort ist, ruht er sich in seinem Wahn aus, was ihn im Laufe der Geschichte zum Verhängnis wird.

Zum Ende hin habe ich mir zwar noch einen kleinen Kniff gewünscht, der so nicht kam, aber alles in Allem kann ich mich nur wiederholen: Margaret Atwood hat sehr brillant und meisterhaft eine Adaption erschaffen, die einem nicht nur Shakespeare näherbringt, sondern für sich allein gesehen fantastisch ist!