Rezension von Annemarie

Wie verhält man sich auf dem Parkett am besten? Was ist zu beachten? Das fragen sich viele. Und oft tritt man, gerade in den besonders wichtigen Situationen, komplett ahnungslos und unbedacht ins Fettnäpfchen. Damit dies nicht passiert und man lernt, besser die Benimmregeln zu befolgen, wurde dieses Buch geschaffen. Autor des Bandes ist Enrico Brissa, ein promovierter Jurist, der u.a. in der Verwaltung des Bundestages, im Bundespräsidialamt, im Protokoll beim Deutschen Bundestag und an der juristischen Fakultät der Universität Jena tätig war und ist.

Alphabetisch sind die wichtigsten Begriffe des guten Benehmens erläutert. So stellt der Band im Grunde genommen ein kleines Lexikon dar. Im Anhang ist ein Literaturverzeichnis vorzufinden. Inhaltsverzeichnis und ein umfangreiches Register bewirken, dass man die Begriffe schnell und gut findet. Aufgelockert wird das Ganze durch eine dezent farbige Gestaltung mit dunkel- bis mittelblauen Hervorhebungen und durch Zeichnungen im Text, passend zum jeweiligen Begriff.

Rezension

Brissa schreibt in einem gehobenen, doch gut verständlichen Schreibstil, sodass seine Erläuterungen immer gut verstanden werden, und die Bilder sind wirklich hübsch. Auch die Farbgebung hat mir gefallen. Dennoch war ich von diesem Band leider ziemlich enttäuscht. Zum einen hatte ich teilweise den Eindruck, dass Brissa seine Erläuterungen nicht auf den Punkt bringt. So meint er öfters, man soll in gewissen Situationen umsichtig und mit Feingefühl handeln. Das war mir aber auch schon vorher klar. So bringt mich das auch nicht so wirklich weiter.

Leider gibt es zudem relativ viele Punkte, mit der man selbst als Bürger einer gehobenen Klasse nicht braucht. Was bringt einem bitte sehr eine Erläuterung des Begriffs „Abendland“, „Hofnarr“, „Kniefall“, oder „Staatsgeschirr“? Warum muss ich wissen, wie ein Protokoll aussieht? Und wie oft kommt man mit einem „Aide-de-camp“, einer Art Bediensteten des Staatsoberhaupts, in Berührung? Dazu gibt es noch ziemlich viele Begriffe, die einem in Bezug auf das Benehmen herzlich wenig bringen, sondern einfach nur Informationen liefern, etwa zum Adel, zur Anciennität, zu Friedrich dem Großen oder zur (National-)Hymne.

Noch schlimmer sieht es für den deutschen Durchschnittsbürger aus. Was soll er mit dem Wissen zu einer Akkolade, einer feierlichen Umarmung, anfangen? Wie oft geht er zu einem Ball, mal abgesehen vielleicht vom Abschlussball der Tanzschule oder vom Abiball (aber da herrschen sowieso meist eigene Regeln), oder einem Bankett? Wie oft kommt dieser in die Verlegenheit, ob er einen Handkuss machen soll oder nicht?

So kommen schätzungsweise drei Viertel aller Benimmregeln und -ratschläge für Otto Normalverbraucher nicht infrage, schlicht, weil er nicht oder nur sehr selten in die Situationen kommt. Ein weiterer Teil des Buches geht für die interessanten, aber recht nutzlosen Hintergrundinformationen drauf. Und den Rest kann man sich mit ein bisschen Menschenverstand auch selbst erschließen, etwa, dass man sein Handy im Gottesdienst ausmacht oder dass man im Gespräch keinen Kaugummi kaut. Offen gesagt hatte ich ein bisschen den Eindruck, dass Brissa doch sehr in seiner Bundestagssphäre verhaftet ist und vor allem über die dort wichtigen Regeln schreibt. Blöd ist das halt nur für die Leser, die nicht zum Hochadel gehören und kaum mit ranghohen Staatspersonen oder Mitgliedern von Königsfamilien in Kontakt kommen – mit einer Einschränkung: Zeitschriftenredakteure, die über die „Royals“ in Klatschzeitschriften schreiben, könnten sich ebenfalls ganz nützliches Hintergrundwissen aneignen.

Fazit

Für alle deutschen Staatsoberhäupter oder Personen, die regelmäßig in hohen bis sehr hohen Kreisen verkehren, zu empfehlen. Allen anderen kann ich nur tunlichst raten, sich ein anderes, realitätsnäheres Buch zu besorgen.