Bei Pflanzen scheiden sich die Geister. Viele sehen Pflanzen nur als Ressource an, die wir Menschen essen, aus der wir Wärme beziehen und mit der wir Häuser und Gegenstände bauen. Allein schon der Gedanke an Gefühle dieser Wesen, die wir doch oft sehr grob behandeln, wirkt auf sie merkwürdig. Andere teilen das von manchen Buchautoren vermittelte Bild, dass Pflanzen fast schon menschenähnlich fühlen und handeln. Doch was stimmt denn nun?
Weder noch, meint Daniel Chamowitz, Direktor des Biologischen Zentrums an der Universität Tel Aviv, und Autor dieses Buches. Er befasst sich auf Grundlagen von wissenschaftlichen Studien mit der Frage, was Pflanzen fühlen und wahrnehmen. Das Buch besteht aus sieben Kapiteln plus Vorwort und Epilog. In den ersten fünf Kapiteln wird bei den fünf menschlichen Sinnen einzeln analysiert, inwieweit eine Pflanze diesen Sinn ebenfalls aufweist. In den folgenden Kapiteln wird erläutert, „woher eine Pflanze weiß, wo sie ist“ und „woran sich eine Pflanze erinnert“. In den Text immer wieder eingeschoben sind schwarzweiß-Zeichnungen von den im Text genannten und untersuchten Pflanzen sowie von Versuchsabläufen. Danksagung, Bildnachweise, Anmerkungsverzeichnis und Register bilden den Anhang.
Rezension
Die Analyse dessen, was Pflanzen spüren, war lange Zeit ein Stiefkind der Wissenschaft. Während das Verhalten von Tieren sehr oft Bestandteil intensiver Forschungen war und ist, steckt die Erforschung dessen, was Pflanzen spüren, noch in den Kinderschuhen. Daher finde ich es gut, dass zu diesem Thema endlich auch einmal ein klar auf wissenschaftlichen Fakten beruhendes Buch verfasst wurde.
Und Chamowitz hat sich der Wissenschaft verschrieben. Es geht ihm darum, wahre Fakten zu veröffentlichen. Daher schreibt er nichts, was nicht gesichert ist – auch wenn dies manchmal zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. So kommt der Autor etwa im Kapitel „Was deine Pflanze hört“, nach dreißig Seiten zu dem Ergebnis: Nach heutigem Stand der Wissenschaft hört eine Pflanze – nichts! Die ganzen bisherigen pseudowissenschaftlichen Studien, nach denen Pflanzen lieber Mozart und indische Sitarmusik als Rockmusik mochten und bei Beschallung damit besser wuchsen, sind da unterhaltsamer – aber leider völlig falsch. Auch eine „Vermenschlichung“ der Pflanzen á la „die Pflanzen sind genau wie wir, bis auf dass sie Blätter und einen Stängel haben“, unterbleibt glücklicherweise. Zudem gibt der Autor zu sämtlichen seiner Erläuterungen die Verantwortlichen, z.B. für das jeweilige Experiment, an und schafft damit eine wissenschaftliche Grundlage, sodass nichts aus der Luft gegriffen ist.
Der Unterhaltungswert dieses Buches ist dennoch nicht zu vernachlässigen. So lässt sich das Buch trotz seiner Nüchternheit gut und flüssig lesen. Gestört hat mich aber, dass alle Pflanzen einfach gleichgesetzt werden. Dabei muss es in der Pflanzenwelt mindestens genauso große Unterschiede in Bezug auf die unterschiedlichen Arten wie in der Tierwelt geben. Auf die Tierwelt übertragen würde die Gleichsetzung bedeuten, dass der Mensch eine ähnliche Sinneswahrnehmung hat wie etwa eine Zecke oder eine Schlange. Bizarr, wenn man bedenkt, dass schon ein Hund, der mit dem Menschen doch vergleichsweise eng verwandt ist, eine deutlich unterschiedliche Sinneswahrnehmung zu diesem hat. Ich finde es daher einfach falsch, wenn man durch ein Experiment an einer spezifischen Pflanzenart auf sämtliche Pflanzen – vom Mammutbaum über Wildkräuter bis zum Moos – schließt.
Nicht so gut fand ich auch die Zeichnungen, die meistens die Pflanzen zeigen sollten. Diese wirkten so, ja, abstrahiert, dass ich anhand der Zeichnung die Pflanze auf einem Foto oder in der Natur niemals wiedererkennen würde.
Dennoch gibt das Buch abgesehen von einigen wenigen Kleinigkeiten einen guten Einblick in die Sinne der Pflanzen. Vielleicht ist es auch ein Anstoß, die Sinne der Pflanzen – und insbesondere auch der unterschiedlichen Pflanzenfamilien und -arten – endlich näher zu erforschen.
Fazit
Ein interessantes, auf wissenschaftlichen Fakten beruhendes Buch über die Sinne von Pflanzen mit kleinen Schwächen.