Sterben. Ein Thema, mit dem sich eigentlich niemand auseinandersetzen will. Doch es betrifft uns alle – jeden von uns. Und viele Menschen haben Angst vor dem Sterben – vor dem Leiden, den Schmerzen, dem Vegetieren unter menschenunwürdigen Bedingungen. Ein großer Teil von uns wird in einem Krankenhaus oder Hospiz nach einer mehr oder weniger langen Krankheitszeit sterben.
Gottschlings Buch ist daher topaktuell und geht uns alle etwas an. Er ist Chefarzt des Zentrums für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie des Uniklinikums des Saarlandes. Er stellt sich seit langem der Aufgabe, seinen Patienten ein möglichst menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen – und den Angehörigen ein möglichst schonendes, friedliches Abschiednehmen.
Diverse Fallbeispiele verdeutlichen, wie die sterbenskranken Menschen leben, was sie umtreibt und beschäftigt, welche Wünsche sie haben. Das erste kurze Kapitel dient als Einführung. Im zweiten Kapitel befasst sich Gottschling mit den Mythen und Vorurteilen, die im Zusammenhang mit der Sterbehilfe oft aufkommen. Er setzt sich kritisch mit ihnen auseinander und stellt sie richtig.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Beschwerden, unter denen Sterbenskranke leiden. Gottschling gibt Ratschläge und Tipps, wie diese bestmöglich gelindert werden können. Das vierte Kapitel handelt davon, wie man am besten mit lebensbedrohlich Erkrankten kommuniziert. Doch auch die Angehörigen sind emotional betroffen und man benötigt eine besondere Sensibilität im Umgang mit ihnen. Daher werden auch Ratschläge zum Umgang mit den Angehörigen des Sterbenskranken erläutert. Das fünfte, relativ kurze Kapitel lautet „Wo bekomme ich Hilfe?“ Es befasst sich damit, welche Hilfseinrichtungen beim Sterben zuhause oder beim Sterben in einer Einrichtung welche Hilfe geben können.
Das sechste und letzte Kapitel schließlich handelt vom Thema Sterbehilfe. Es schließt sich ein Teil an, in dem von zwei Patientinnen Gottschlings, die beide schon in jungem Alter starben, erzählt wird. Bei der ersten Patientin scheibt Gottschling über ihre Krankheitsgeschichte und ihr Leben im Angesicht des Todes, die zweite Patientin schreibt selbst über sich. In diesem Teil findet man auch die einzigen Farbbilder des Buches: Es sind vor allem Bilder, die die beiden jungen Frauen im Angesicht des Todes gemalt haben.
Einige Sprüche, die im Buch im Text verteilt sind, regen zum Nachdenken an.
Rezension
Im Grunde genommen ist diese Thematik todtraurig. Gottschling erzählt von vielen todkranken Menschen, uralten ebenso wie noch ganz kleinen Kindern. Dennoch ist dieses Buch längst nicht so traurig, wie man jetzt vielleicht meinen würde, denn Gottschling behält seine professionelle Distanz, ohne die er diesen Beruf vermutlich gar nicht ausüben könnte, ohne am Leid zu zerbrechen, bei.
Das darf man aber nicht damit verwechseln, dass Gottschling nicht einfühlsam oder gar gefühlskalt ist. Im Gegenteil – er versucht so gut wie er kann, seinen Patienten ihre letzte Lebenszeit mit allen möglichen Maßnahmen und Mitteln so erträglich und gut wie möglich zu machen. Nein, traurig ist das Buch wirklich nicht. Vielmehr ist es schön, denn es zeigt, dass das Sterben nicht nur grausam und schmerzhaft ist, sondern teilweise auch eine Quelle der Inspiration und Poesie sein kann.
So ist es Gottschling eine Herzensangelegenheit, über dieses Thema zu schreiben. Und das merkt man auch. Auch wenn ich aktuell eigentlich keine Berührungspunkte habe, fand ich das Buch hochinteressant.
Da sich alle Menschen irgendwann mit ihrem eigenen Sterben oder dem Sterben eines Bekannten oder Verwandten auseinandersetzen müssen, gibt es eigentlich auch gar keine richtige Zielgruppe für dieses Buch. Es ist für alle, die sich mit dem Thema „menschenwürdig sterben“ näher auseinandersetzen wollen, geeignet. Besonders eignet es sich natürlich für Klinikpersonal, das mit Sterbenden zu tun hat, ebenso wie für lebensbedrohlich Erkrankte und deren Angehörige.
Fazit: Ein informatives und einfühlsames Buch, das informiert wie man möglichst gut und menschenwürdig sterben kann. Für alle Interessierten, Gesunde wie Kranke, und auch für Menschen, die beruflich mit Sterbenden zu tun haben, gut geeignet.