Rezension von Annemarie
Die Schere zwischen Muslimen und Deutschen ist unlösbar, so glauben viele. Kermani vertritt in seinem Buch den Standpunkt, dass dies nicht der Fall ist, ja, dass allein dieser Satz schon von Vorurteilen und Missverständnissen zeugt und auch inhaltlich falsch ist. Navid Kermanis Buch besteht aus mehreren Kapiteln, deren Überschriften teils provozierend wirken, teils zum Nachdenken anregen. Der Anhang beinhaltet zwei bekannte Reden, die Kermani vor der Öffentlichkeit gehalten hat.
Was läuft schief in Deutschland? Warum sind Muslime keineswegs mit Islamisten gleichzusetzen? Und was kann getan werden, um das Verhältnis von deutschen Christen und Muslimen zu verbessern? Darauf gibt Kermani eine Antwort. Er erläutert, warum Deutschland keineswegs so weltoffen ist, wie es immer scheint, und dass auch dem Staat einiges anzulasten ist. Auch erklärt er, dass die deutsche Gesellschaft noch immer von Vorurteilen gegenüber Muslimen durchzogen ist, obwohl sich viele Menschen alle Mühe geben, die Integration zu fördern. Besonders betont er, dass auf keinen Fall alle Muslime in einen Topf zu schmeißen sind. Vielmehr unterscheiden sich die Personen und Personengruppen zum Teil erheblich.
Dabei kommt Kermani aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger und ermahnend herüber, er erläutert schlicht. Ebenso wie er die – teilweise auch unbewussten – Fehler der Nicht-Muslime aufdeckt und erläutert, steht er auch dem Verhalten einiger seiner Landsleute kritisch gegenüber. Kermani kommt zu dem Schluss, dass ein Leben in einer Multi-Kulti-Gesellschaft auch in Zeiten des globalen Terrorismus keineswegs unmöglich, sondern mit etwas Mühe und Toleranz durchaus zu schaffen ist.
Rezension
Da mir Kermanis Buch „Ungläubiges Staunen“, das ich ebenfalls rezensiert habe, schon sehr gut gefallen hat, bin ich mit dementsprechend hohen Erwartungen an dieses Buch herangegangen. Und tatsächlich – dieses Buch überstieg meine Erwartungen fast noch. Während in „Ungläubiges Staunen“ mehr über das Christentum an sich erzählt wird, ist dieses Buch deutlich praxisnäher. Kermani klärt auf, was genau die Probleme zwischen Muslimen und Christen sind. Seine Erklärungen sind einleuchtend und durchaus gut begründet. Dabei ist er absolut für eine friedliche Lösung. Polemik, Wut, Verärgerung und Hass hingegen wird man in diesem Buch vergeblich suchen.
Zum ersten Mal wurde mir auch klar, welches das wirkliche Problem ist. Es sind nicht „die Muslime“, die vollkommen zu Unrecht oft gleichgesetzt werden mit den Islamisten, nein, das Problem liegt – wieder einmal – in Vorurteilen und Diskriminierungen.
Kermani schreibt – wieder einmal – in sehr gewählter Wortwahl, was mir persönlich ausgesprochen gut gefällt, und hat einen angenehmen Schreibstil.
Das Schöne ist, dass Kermani sich dabei nicht auf eine Seite schlägt, sondern zwar aus der Sicht eines Muslims schreibt, aber dennoch objektiv schreibt und beide Seiten und Ansichten beleuchtet.
Fazit
Für alle die, die mehr über den Konflikt zwischen den Migranten und den Deutschen verstehen wollen und vielleicht sogar einen Teil zur Verringerung dieses Konflikts beitragen wollen, ein absolut lesenswertes Buch. Ein echter Kermani eben!