Nachdem Herr Fitzek bei seinen letzten Werken vielerlei Kritik seitens der Fans einstecken musste, wartet er nun wieder mit einem Psychothriller auf, der auch ohne überzogene Action auskommt und sich auf das besinnt, was Herrn Fitzek einst Berühmtheit bescherte: Kurzweilige, aber intensive Spannung, die mit dem Leser spielt. „Das Paket“ ist ein solider Psychothriller, der sich durchaus mit den Anfangswerken des Autors messen kann.
Worum geht es?
Emma wurde Opfer eines berühmten Serientäters, der von der Presse „der Friseur“ genannt wird. Er ist berüchtigt dafür, seinen Opfern, eigentlich Prostituierten, den Kopf zu rasieren und sie anschließend zu töten. Emma jedoch ist Psychiaterin und sie wurde außerdem sexuell von ihrem Peiniger missbraucht. Seitdem verbarrikadiert sie sich in ihrem Haus, lässt nur die nötigsten Kontakte zu. Bis sie eines Tages das Paket für einen ihr völlig unbekannten Nachbarn annehmen soll und furchtbare Geschehnisse ihren Lauf nehmen…
Das Marketing hier ist ja sehr geschickt, denn „Das Paket“ kommt auch tatsächlich in einem Paket daher, zumindest in der ersten Auflage. Ich habe mir sagen lassen, dass es eine stark verbreitete Angst von Frauen (Achtung, Verallgemeinerung) sei, Pakete für Nachbarn anzunehmen, die sie nicht kennen. Ganz nachvollziehen kann ich als Frau das nicht, finde die Idee dennoch originell und effektiv.
Nun zu der Geschichte. Ja, Fitzeks letzte Bestseller gefielen mir tatsächlich nicht besonders, da sie viel zu großspurig und aufgesetzt waren und umso mehr freute ich mich, dass er mit diesem Buch wohl zurück zu seinen Wurzeln wollte, was meiner Meinung nach auch fast gelungen ist. Die Geschichte ist wendungsreich, spannend und hat auch wieder durchaus interessante Aspekte zu bieten.
Einen Aspekt möchte ich besonders hervorheben: Unsere Protagonistin Emma kennt sich als Psychiaterin natürlich hervorragend in der menschlichen Psyche aus, kennt viele ihrer krankhaften Ausprägungen, ist bestens mit Symptomen vertraut und weiß daher, dass ihr Trauma sie unbewusst verändert haben könnte. Und trotz ihres professionellen Blickwinkels ist es ihr nicht möglich, sich selbst zu diagnostizieren oder überhaupt den Zustand ihrer Psyche zu bewerten.
Deshalb gerät sie innerhalb der Geschichte auch in einen Strudel von Fiktion und Realität und den einzigen Vorteil, den sie als Psychiaterin darin hat, ist das Wissen darum, dass sie möglicherweise wahnhaft ist, ohne es zu merken. Sie weiß also, dass sie nichts weiß und das verschafft ihr einen Vorteil gegenüber Patienten, die mögliche Wahnhaftigkeit von Vornherein leugnen. Und genauso ahnungslos wie Emma, ist natürlich der Leser, was die Spannung noch erheblich ankurbelt.
Für mich persönlich ist „Das Paket“ aber kein perfekter Thriller, sondern, wie oben gesagt, ein solider. Fitzeks Sprache ist, wie immer, sehr einfach gehalten. Aber durch eine poetische oder literarisch hochwertige Sprache hat er sich in seinen Werken nie ausgezeichnet, sondern eher durch geballte Spannung und interessante Themen, die er geschickt in seine Geschichten einbindet. Allerdings habe ich hier die Atmosphäre vermisst, die für mich den Grusel erst entstehen lässt. Somit war das Buch also ein Page-Turner, konnte mich aber nicht vollends in seinen Bann ziehen. Dass er eine dichte und beklemmende Atmosphäre aber erschaffen kann, hat Bestsellerautor Fitzek bereits in seinen früheren Werken bewiesen.
Den zweiten Kritikpunkt werden eher Leser nachvollziehen können, die mit früheren Bestsellern des Autors vertraut sind. Und zwar weiß man im Vorfeld, dass die offizielle Auflösung nicht die Auflösung sein wird, da Fitzek gerade zum Ende hin mit den größten Twists aufwartet (und zwar in sämtlichen Geschichten). Somit habe ich mich während des Lesens schon darauf eingestellt, niemals das Naheliegende zu erwarten und das raubt doch schon Spannung und zerstört das Überraschungsmoment. Genau aus diesem Grund hat mich die Auflösung auch nicht ansatzweise verblüfft.
Fazit: Sebastian Fitzek weiß, wie man gute Psychothriller schreibt und beweist dies erneut mit „Das Paket“. Einschränkungen gibt es für mich als Fitzek-Kennerin in Sachen Atmosphäre und Überraschung.