„Votes for women“ ist eine Graphic Novel aus dem Egmont Verlag, die im Dezember 2015 in einer gebundenen Ausgabe erschien. Auf 192 Seiten begleiten wir das Dienstmädchen Sally Heathcote den Weg einer Suffragette, einer Kämpferin für das Frauenwahlrecht, bestreitend.
1906 in England beginnt unsere Geschichte. Wir lernen die Protagonistin Sally kennen und erfahren schrittweise, wie sie an die Suffragetten-Bewegung gelangte und wie diese eine sehr nachvollziehbare Faszination für sie ausübte. Wir lernen sehr geschichtsträchtige Schlüsselfiguren kennen (Emmeline Pankhurst) und erfahren, wie eine eigentlich als pazifistisch geltende Bewegung sich allmählich radikalisieren konnte.
Die Geschichte ist wie ein Comic aufgebaut, zum größten Teil haben wir einzelne Bildausschnitte und Sprechblasen, in denen wir die Dialoge der Figuren nachvollziehen können. Zudem ist das meiste schwarz-weiß gehalten, nur einige Details sind farbig hervorgehoben (etwa die Haarfarbe unserer Protagonistin oder die Farben grün/weiß/lila der Bewegung). Der Zeichenstil ist Geschmackssache, meinen Geschmack hat er nicht getroffen (eine Kostprobe kann man sich auf der Internetseite des Verlages holen), allerdings hat dies nicht meinen Lesegenuss beeinflusst und war außerdem trotzdem sehr wirkungsvoll.
Da die Geschichte nicht fiktiv ist, werde ich sie nicht bewerten. Aber den Fokus, den die Autoren setzen, finde ich sehr gelungen. Den Werdegang von einer anfänglich unzufriedenen Unbeteiligten zu einer vollkommen Involvierten zu begleiten, ist sehr geschickt, um an das Thema heranzuführen. Außerdem erleben wir den Spott und die Ablehnung, den die Frauen von anderen Menschen, insbesondere von Frauen, die nicht am Wahlrecht interessiert sind, erdulden mussten.
Auch das Thema Zwangsernährung von inhaftierten Suffragetten, die in den Hungerstreik traten, wird hier sehr eindringlich behandelt und den erneut aufflammenden Kampfgeist, den die Frauen durch diese barbarischen Methoden entwickelten. Zudem die Aufspaltung der Bewegung in mehrere Lager, diejenigen, die ihre pazifistische Grundhaltung beibehielten und jene, die sich radikalisierten und teilweise ihr Leben ließen.
Ich finde Grapic Novels im Allgemeinen, aber insbesondere diese, führen den Leser hervorragend an ein Thema heran, dass er im Fließtext womöglich weniger spannend fände und für das er auf diesem Wege eine viel größere Emotion entwickeln kann. Von allen Medien, die ich bezüglich dieses Themas verschlungen habe (Film, Sachbuch, Roman), war dieses Buch das großartigste (und das obwohl alle anderen genannten mich schon stark beeindruckten).
Zudem ließ mich das Buch sehr emotional berührt zurück, da es mit einem hoffentlich sehr effektiven Denkanstoß für alle Wahlberechtigten endet.
Kurzum: Das Buch ist von ganzem Herzen eine Empfehlung für alle Interessierten, alle Wahlmuffel, alle Geschichtsverweigerer, alle Frauen (und natürlich Männer) und einfach alle, die sich von einer Graphic Novel mitreißen lassen wollen.