Das Leben. Kompliziert, teilweise unüberschaubar und schwierig. Es gibt diverse Ratgeber, die einem oft das Blaue vom Himmel weismachen und todsichere Strategien versprechen, wie man im Leben glücklich wird. Und wer wünscht sich nicht, Sinn im Leben zu finden?
Dabei kann man das Leben nicht nur vom jetzigen Zeitpunkt, sondern auch vom Ende aus betrachten. Diese einfache Maßnahme kann bewirken, dass man einen ganz anderen Blick auf das Leben bekommt. Fragen, wie „Wie fühlen Menschen am Ende des Lebens?“, „Was für Sorgen und Träume haben sie, was bereuen sie?“, bringen einen den essentiellen Fragen des Lebens näher.
Kerry Egan, langjährige Hospizseelsorgerin in den USA, arbeitet tagtäglich mit sterbenden Menschen und weiß daher auf genau dies eine Antwort. Sie erzählt in diesem Werk über ihre Begegnungen mit Sterbenden und was sie daraus für ihr Leben gelernt hat.
Dabei geht sie nicht dogmatisch vor, sie sagt nicht, dass dies oder jenes im Leben wirklich wichtig ist und man bitteschön im Leben auf dies oder jenes mehr achten soll, sie erzählt nur von ihren Erfahrungen und Erlebnissen, sie erzählt aus ihrem Leben und was sie daraus gelernt hat und überlässt es dem Leser (fast) selbst, seine eigene Meinung zu bilden.
Die Autorin lässt neben ihrer Arbeit auch die Verknüpfung mit ihrem eigenen Leben – etwa ihrer Wochenbettpsychose – miteinfließen. Viele von Egans Gespräche mit Sterbenden sind wortwörtlich abgedruckt, sodass der Leser fast das Gefühl hat, selbst an dem Gespräch teilzunehmen.
Rezension
Das Leben vom Ende her denken. Diese einfache, simple Strategie ist geradezu genial. Denn auf diese Weise werden auch die scheinbar schlimmsten Probleme im Jetzt unbedeutend und klein. Wer diesen Band durchliest, lernt, die ganzen Nebensächlichkeiten, die einen beschäftigen und sorgen, als das zu erkennen, was sie sind: Kleinigkeiten, die die ganzen Sorgen nicht wert sind. Man beginnt, über die Dinge rüberzustehen und die wenigen wirklich wichtigen Dinge mehr in den Fokus zu rücken.
Dieses Buch hat mich daher wirklich beeindruckt. Grund dafür ist zu einem großen Teil auch, dass Egan nur ihre Eindrücke und Erlebnisse erzählt und reflektiert, jedoch nie wertet. Für sie ist jeder Mensch unheimlich wertvoll, egal wie viele Fehler er hat und egal wie viel er in seinem Leben falsch gemacht hat, und in dieser wertschätzenden Schreibweise ist auch der gesamte Text verfasst. Und das hat mir sehr gut gefallen. Ein weiterer Vorteil dessen ist, dass man so seine eigenen Schlüsse und Erkenntnisse aus dem Text ziehen kann.
Einziger Wermutstropfen: Das Buch mit seinen 180 Seiten einfach zu schnell ausgelesen. Man sollte aber wissen, dass Kerry Egan gläubige Christin ist. Sie geht davon aus, dass es einen Gott gibt. Zwar schreibt sie nicht über ihren Glauben und lässt ihn auch nicht in das Buch miteinfließen, sondern lässt jeder Person ihren Glauben. So nimmt sie etwa einmal freiwillig an einer einstündigen Schamanenzeremonie für eine sterbende Frau teil. Glücklicherweise ist der Text auch nicht esoterisch angehaucht. Wer jedoch gar nicht glaubt, dass es einen Gott gibt, könnte mit diesem Werk möglicherweise seine Probleme kriegen.
Der Schreibstil ist unkompliziert und das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen. Daher eignet sich der Band ausgezeichnet dafür, um in einer ruhigen Stunde entspannt gelesen zu werden.
Fazit
Ein sehr eindrückliches, vorurteilsfreies und optimistisches Buch über Sterbende und damit über das Leben. Allen, die die wirklich wichtigen Dinge im Leben erkennen wollen, wärmstens zu empfehlen.