Rezension von Annemarie

Inhalt

Eigentlich jeder Mensch wünscht sich, möglichst lange fit und agil zu sein. Die Vorstellung vom Hundertjährigen, der noch quietschfidel seine Runden dreht und selbstständig und vergnügt seinen Ruhestand lebt, ist die Wunschvorstellung vieler. Nur – oft ist und bleibt sie eben das: Eine Wunschvorstellung. Besonders hart trifft es einen, wenn es die eigenen Eltern sind, die körperlich und geistig abbauen. Dann wird es oft notwendig, sich um die Eltern zu kümmern, sie selbst zu pflegen oder jemand anderen die Pflege übernehmen zu lassen. Und für alle, die diese Aufgabe auf sich genommen haben oder nehmen mussten, wurde dieser Band verfasst.

Autoren sind Markus Deggerich, Journalist mit den Schwerpunkten Sonderthemen sowie gesellschaftsrelevante Themen, und Susanne Weingarten, promovierte Amerikanistin und Journalistin beim „Spiegel“, wo sie seit 2013 das Ressort Sonderthemen leitet. Zudem enthält der Band Beiträge diverser anderer Autoren.

Das Werk ist aus fünf Kapiteln zusammengesetzt. Im Grunde besteht es aus vielen Aufsätzen unterschiedlicher Autoren, die auch die einzelnen Unterkapitel darstellen. Die meisten der Unterkapitel sind zwischen vier und 14 Seiten lang. Nach einem Vorwort bekommt man im ersten Kapitel allgemeine Informationen zum Lebensabend der Eltern, darunter auch zur demographischen Situation in Deutschland, zu ethischen Problematiken und zur Situation der Elternpflege weltweit. Dieses Kapitel ist von allen das umfangreichste. Kapitel zwei beinhaltet konkrete Probleme und Schwierigkeiten beim Rollentausch, wenn also aus den behütenden und versorgenden Eltern selber Menschen werden, die versorgt und behütet werden müssen, während das dritte Kapitel Themen versammelt, die mit dem Abschied alter Menschen vom Leben zu tun haben. Kapitel vier besteht aus nur einem einzigen Unterkapitel und beinhaltet ein Coaching für alle Kinder, die in näherer Zukunft vermutlich zu Pflegenden werden. Im fünften und letzten Kapitel, dem „Dossier“, werden weitere Ratschläge gegeben, darunter zur Vorbereitung auf die Pflegezeit, zur staatlichen Hilfe, zu Möglichkeiten des Widerstands gegen Ärzte, wenn diese sich falsch verhalten haben, und zu Dokumenten, die man vorsorglich für den Ernstfall erstellen kann und sollte, etwa die Patientenverfügung. Der Anhang enthält unter anderem Buchempfehlungen und Register.

Im vorderen und hinteren Klappeneinband sind in Farbe und mithilfe von Icons einige Zahlen und Daten zur gegenwärtigen Pflegesituation in Deutschland angegeben. Das Buch ist als Lesebuch aufgemacht und enthält so primär Fließtext.

Rezension

Der Gedanke daran, dass man die eigenen Eltern einmal pflegen muss, ist nie schön. Umso schlimmer ist es dann, wenn man unvorbereitet der Situation ausgesetzt ist. Dann nämlich ist die Gefahr groß, dass man schnell komplett überfordert ist. Dieser Band schafft Abhilfe. Das fand ich schon einmal gut. Nur finde ich, dass bei der praktischen Umsetzung doch durchaus noch einiges an Verbesserungspotential besteht.

Doch zunächst das Positive: Gut gefiel mir, dass der Band sehr informativ ist und einem einen umfassenden Einblick in die Pflege gibt. Man erhält jede Menge praktische Tipps, die einem als zur Pflege Verpflichtetem sehr nützen können.

Man sollte aber wissen, dass die Autoren sich zum Teil deutlich unterscheiden. Sie haben stark unterschiedliche Schwerpunkte – und ihr Schreibstil unterscheidet sich auch sehr. Manche Personen schreiben romanartig – quasi mehr eine fiktive Geschichte, die einen aber das ein oder andere lehren soll – andere schreiben sehr informativ, stark auf Fakten basierend. Und diese Unterschiede haben mir leider nicht so gut gefallen. Denn so muss man sich bei jedem Aufsatz neu auf den jeweiligen Autor einstellen. Und dann gibt es teilweise noch Interviews mit Personen vom Fach. Dennoch kann diese große Diversität an Schreibstilen möglicherweise auch ganz nützlich sein – gerade wenn man als Kind zwischen der Gefühlsebene, der Liebe zu den Eltern und dem Wunsch, ihnen die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen, und der rationalen Ebene, die auf Basis der Vernunft unter anderem auch die finanzielle Situation miteinbezieht. So kann die Diversität auch die vielen unterschiedlichen zu beachtenden Aspekte verdeutlichen. Dennoch fand ich das Ganze etwas verwirrend. Da hätten mir zwei getrennte Bände – einer mit Fakten und „harten“ Informationen zur Pflege der alten Menschen und einer mit lehrreichen Kurzgeschichten – besser gefallen. Dann hätte man vielleicht auch die für einen gerade interessanten und relevanten Infos und Fakten deutlich schneller gefunden. Ferner fand ich es etwas schwierig, die wirklich relevanten und für mich als potentiell pflegende Person wichtigen Informationen aus dem Buch herauszugreifen und insbesondere auch wieder schnell nachzuschlagen. Zudem sollte einem bewusst sein, dass das Buch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Man lernt verschiedene Dinge kennen und erfährt einiges – aber längst nicht alles, was man als Pflegender wissen muss.

Fazit

Ein Aufsatzband, der einem viele nützliche Informationen rund um das Thema Pflege der Eltern versammelt sind. Allen zu empfehlen, die ein ganz unterhaltsames Lesebuch zu dem Thema suchen und dabei auch die emotionale Seite nicht aus den Augen verlieren wollen.