Moritz, der sich selbst aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hat, der es gar bis zum Professor und zum Mitglied der wichtigsten Berliner Akademien „gebracht“ hat – er schenkte der Welt den zugleich psychologischen und autobiographischen Roman über den Kleine-Leute-Sohn Anton Reiser, der, vor Ehrgeiz getrieben, aufbrach, um die Kleinbürgerlichkeit seiner Eltern zu überwinden.
Ganz nett, aber was sucht ein solches Buch in der Bibliothek der 100 wichtigsten Bücher? Karl Philipp Moritz war Aufklärer, ebenso wie Rousseau, Voltaire oder Kant. Doch anders als letztere bemüht sich Moritz mit „Anton Reiser“ um ein lebensnahes, vermittelbares Vehikel, mit deren Hilfe die praktische individuell-biographische Dimension der Aufklärung deutlich wird.
Und hier liegt einer der Gründe, warum sich die Lektüre des Werkes unbedingt lohnt – denn es gibt wohl keinen unbeschwerteren Zugang zur Philosophie der Aufklärung. Ganz der abstrakten Diktion folgend, begibt sich der kleine Anton heraus aus der Unmündigkeit und findet eine Welt, die bildungsbeflissen und hell erscheint und die darauf wartet, von Reiser selbst gestaltet zu werden. Und so zeigt sich die Freiheit zur eigenen Entscheidung gerade auch in den schmerzlichen und folgenreichen Entscheidungen, die der junge Reiser für sich trifft.
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Unsere Bewertung
(Rang 1: Irrelevant – Rang 5: Höchstrelevant)
Historischer Wert: 4
Spannung: 5
Lesefreundlichkeit: 4
Ratgeber: 4
Muss-man-gelesen-haben: 4