Willi Achten
Interview mit Willi Achten
Willi Achten, geb. am 21. März 1958 in Mönchengladbach. Studium der Germanistik und Sonderpädagogik. Lehrtätigkeiten im Bereich literarischen Schreibens; u.a. an der Universität Köln, im Litbüro NRW, im Litbüro in der Euregio Maas-Rhein, bei kunstactief Maastricht. Durchführung zahlreicher Literaturaufführungen; zuletzt „Stimmen hören“ im Rahmen von across the borders, Aachen 2013 und die „Karlschreibung“, Aachen 2014. Mitglied im Textensemble „Herrenlose Zungen“ (mit Sylvie Schenk, Jürgen Nendza, Hermann Josef Schüren, Ludger Singer). Zahlreiche Textkonzerte mit den Musikern Heribert Leuchter und Ludger Singer. Achten arbeit heute als Schriftsteller und Lehrer in Aachen.
Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?
Willi Achten: Schon, da es Themen gibt, die aktuell sind und sich deshalb besser verkaufen. Dennoch gilt: Der Schreibimpuls, die Plotidee und die Aussagekraft des Recherchematerials entscheiden letztlich, ob ein Schreibsog entsteht.
Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?
Willi Achten: Es sind Leseempfehlungen und daher vor allem Einkaufslisten für den Leser. Leider spiegeln sie nicht unbedingt Qualitätsmerkmale wieder und sind daher nur grobe Schlaglichter auf die aktuellen Titel. Dennoch: Wer möchte nicht auf der Bestsellerliste stehen?
Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?
Willi Achten: Schreiben kommt beim Schreiben. Blockaden sind okay, spiegeln sie doch auch die Entfremdung zwischen Text und Autor, was viele Gründe haben kann, auch den, dass das Thema, der Schreibansatz, die Perspektive, die Hauptfigur in ihrer Struktur (noch) nicht stimmen.
Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?
Willi Achten: Ich kümmere ich mich um Rezensionen, um Kontakte zu Journalisten, nehme an Wettbewerben teil. Finde Zahlreiches zu mir im Netz wieder.
Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?
Willi Achten: Präsente Rezensionen und Artikel im Netz sind mir wichtig, vor allem aber braucht man immer wieder Artikel zur eigenen literarischen Arbeit in regionalen wie überregionalen Zeitungen, aber auch im Radio.
Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?
Willi Achten: Cormac McCarthy, Thomas Mann, Michael Ondaatje
Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?
Willi Achten: Ich bin mir da nicht so sicher, dass nur die „Großen“ rezensiert werden. Eine Chance hat man immer: das Thema ist neben der Sprachqualität wichtig. Es muss Relevanz haben.
Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?
Willi Achten: Der Plot, die Konstruktionslinie, die Konfliktdynamik darf man bei aller „Sprachlust“ nicht aus den Augen verlieren.
Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?
Willi Achten: Keine Hemmungen bitte, keine political correctness
Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?
Willi Achten: Wie bei John Irving sind Schreibtage Schreibt a g e.
Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?
Willi Achten: Ein Mann wacht in der Nacht auf, verlässt sein Haus. Er wird Zeuge, wie sein Vater Opfer eines Gewaltakts wird. Der Protagonist ist Kriegsfotograf. Er hat den World Press Foto Award für ein Foto erhalten, das eine Steinigung in Somalia zeigt. Der Ich-Erzähler ist auch an anderen Gewaltschauplätzen gewesen – in Srebrenitza, Afghanistan, dem Südsudan. Erschöpft hat er sich zurückgezogen auf einen einsam gelegen Hof in der Provinz. Dort lebt er zusammen mit seinem Sohn und seinem Vater. Der Roman schildert nun das Zusammenleben dieser „Männerwirtschaft“. Die Idylle ist nur eine vermeintliche. Es gibt keinen Rückzugsraum vor der Welt und der Gewalt.
Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns für das Gespräch.
Weitere Hintergründe zum Autor: Preise & Auszeichnungen
- 2006 Nettetaler Literaturpreis (Publikumspreis)
- 2003 Arbeitsstipendium des Landes NRW für „Die florentinische Krankheit“
- 2002 Arbeitsstipendium der Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW für „Die florentinische Krankheit“
- 2001 Dormagener Federkiel
- 2000 Diotima Literaturpreis, Neuss
- 2000 Jahresgabe des Nettetaler Literaturvereins
- 1999 Arbeitsstipendium des Landes NRW
- 1996 Düsseldorfer Dichterpreis, 2.Platz