Interview mit Margit Kruse

 

Autorin Kruse © Johannes Kruse

Autorin Margit Kruse
© Johannes Kruse

Margit Kruse, geboren 1957, die vor allem durch ihre Revier-Krimis „Eisaugen“, „Zechenbrand“ und „Hochzeitsglocken“ bekannt geworden ist, ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben zahlreichen Beiträgen in Anthologien hat sie bislang sieben Bücher veröffentlicht, darunter den Roman „Im Schatten des Turmes – Eine Jugend im Ruhrgebiet“, der für den Literaturpreis Ruhr 2009 nominiert war.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Margit Kruse: Nein, eigentlich nicht. Es ist zwar erschreckend wie wenige von den Neuerscheinungen es schaffen  überhaupt wahrgenommen zu werden, doch mache ich es nicht davon abhängig, was ich schreibe. In erster Linie soll es mir Spaß machen.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise  die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Margit Kruse: Das wäre natürlich mein Traum, dass ein Buch von mir auf der Spiegel-Bestseller-Liste erscheint. Ich nehme die Bücher, die dort erscheinen zwar war, doch ist nicht alles Gold was glänzt. Es standen auch schon Graupen auf den vorderen Rängen.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Margit Kruse: Abwarten, wenn es nicht fließt,  Recherche machen, Fachbücher lesen oder Manuskripte ein weiteres Mal querlesen.  Was man an einem Tag toll findet, bezweifelt man am nächsten. Wartet man jedoch ein paar Tage, bis sich der Text gesetzt hat, klingt er plötzlich doch nicht so schlecht, wird noch einmal überarbeitet und gut ist es. Will es mal gar nicht voran geht, hilft mir ein Spaziergang über unseren großen alten Friedhof. Da fallen mir plötzlich ganz viele Dinge ein, die ich noch in den Krimi einbauen könnte.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Margit Kruse: Sehr viel Zeit. Obwohl ich einen großen Verlag gefunden habe, der sehr viel für die Autoren macht. Ich organisiere Lesungen an skurrilen Orten selbst, wende mich an die Presse außerhalb meines Wohnortes, zu der ich mittlerweile gute Kontakte habe, schreibe Zeitschriften, Radiosender usw. an. Diese PR-Arbeit verschlingt schon einige Stunden in der Woche, zahlt sich aber aus, auch wenn nur jeder 5. den man kontaktiert sich meldet. Was nützt das schönste Buch, wenn niemand davon erfährt?

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Margit Kruse:  An erster Stelle muss das, was man Verlagen anbietet perfekt sein. Also, das Skript überarbeiten, überarbeiten und nochmals überarbeiten. Fachlektüre besorgen und Geduld, Geduld, Geduld.  Das ist ein langer Prozess. Mittlerweile schicken mir Anfänger ihre Werke, die ich lesen soll. Sie erhoffen sich von mir den ultimativen Tipp! Was man da oft zu lesen bekommt, da sträuben sich einem die Nackenhaare. Die guten Tipps, was das Überarbeiten betrifft schlagen sie meistens in den Wind und sind beleidigt.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Margit Kruse:  Ich liebe die Krimis von Horst Eckert, von Minck & Minck, von Tatjana Kruse sowie die Romane von Karen Duve und Frank Goosen. Die Kombi von Krimi und Humor liebe ich. Das Eine muss das Andere nicht ausschließen.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Margit Kruse: Das frage ich mich auch oft, wie viel Bücher ich geschrieben haben muss um bei den größeren Zeitungen einmal Erwähnung zu finden. Kann mir nicht helfen, aber ich denke oft, dass es auch finanzielle Gründe haben muss, diese Vetternwirtschaft.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Margit Kruse:  Ich bin damals sehr blauäugig an die Sache herangegangen, dachte die Verlage würden sich um mein Erstlingswerk reißen. Dem war leider nicht so. Ein Text muss reif sein, einem Verlag vorgestellt zu werden und das bedarf sehr viel Arbeit. Am besten fängt man mit kurzen Anthologie-Beiträgen an und arbeitet sich langsam nach oben.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Margit Kruse:  Sex-Szenen zu schreiben geht ja noch, sie vorzulesen ist dann schon schwieriger. Ich habe eine sehr flapsige, bissige Schreibweise. Bei Lesungen habe ich oft Angst jemanden auf dem Schlips zu treten. Bis jetzt nahmen es alle mit Humor.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren  insgesamt zu dem Thema?

Margit Kruse: Jeder Autor muss für sich entscheiden, wie weit er seine Meinung in einem Buch kundtut. Es mag feige klingen, ich halte mich da lieber zurück. Eine Autorenkollegin wurde jetzt nach einer Lesung bei der Leipziger Buchmesse von Islamisten zusammengeschlagen, weil ihre Meinungsäußerung in einem Krimi nicht gut ankam. Es gibt genug andere Themen über die ich schreiben kann.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Margit Kruse: Ich habe einen sehr ausgefüllten Tag, so dass ich mir die Zeit zum Schreiben nehmen muss und ich nicht immer dann schreiben kann wenn ich Lust dazu habe. Auch muss ich mich nach meiner Gesundheit richten, die es mir nicht immer erlaubt stundenlang am PC zu sitzen. In der End- und Lektorats Phase eines Krimis muss alles andere schon mal hinten anstehen, da das Skript oberste Priorität hat. Am meisten schaffe ich am Wochenende.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Margit Kruse: Zurzeit arbeite ich an meinem 4. Margareta-Sommerfeld-Fall „Rosensalz“. Da geht es ums Kochen. Eine Gruppe Frauen trifft sich regelmäßig mal bei der einen, mal bei der anderen, um nach Art „Das perfekte Dinner“ zu kochen. Als nach einem Kochabend eine der Frauen ermordet, nach einem weiteren eine entführt wird, bekommt der Rest der Gruppe es mit der Angst zu tun und bittet Margareta um Hilfe. Anfang Juli erscheint mein krimineller Freizeitführer „Wer mordet schon im Hochsauerland – 11 Krimis und 125 Freizeittipps“. Da freue ich mich ganz besonders drauf, da jeder einzelne der Krimis mir sehr am Herzen liegt. Die Figuren habe ich so liebgewonnen, als gehören sie zu meiner Familie.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.