Interview mit Henrike Spohr
Henrike Spohr ist geboren und aufgewachsen in Heilbronn, dort Abitur gemacht. Studium der Informatik in Karlsruhe, später Ausbildung zur Sprachförderdozenin. Erste Veröffentlichung 2014.
Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?
Nein, ich denke nicht darüber nach. Wenn ich daran denken würde, würde mich das wahrscheinlich entmutigen. Ich versuche, erst mal nur für mich zu schreiben und gar nicht an Leser oder den Markt zu denken, so ist es während dem Schreiben auch einfach absolut irrelevant, was danach mit dem Buch passiert. Wenn es dann, wie bei meinem Debüt veröffentlicht ist, dann fange ich allmählich an, mir Gedanken zu machen. Und da sehe ich natürlich, wie viele genau dasselbe wollen, wie ich, dass ihr Buch gelesen wird.
Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?
Für mich ist das eben eine Auswahl an Büchern, die sich aus verschiedenen Gründen gut verkauft haben, mehr nicht. Natürlich schaue ich auch rein und wenn mich ein Titel anspricht, lese ich ihn. Ich erwarte mir davon aber nicht, dass mir da wirklich die „besten“ Bücher präsentiert werden. Klar würde ich mich wahnsinnig freuen, auch mal auf so einer Bestseller Liste zu stehen. Wer nicht?
Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?
Ich forsche dann danach, woran es liegt, dass ich mich davor scheue zu schreiben. Denn das Schreiben an sich macht mir Spaß, daran liegt es nie. Mal ist es eine Figur, die mir noch zu fremd ist, mal ist es der Plot, der noch nicht sitzt. Mein Geheimrezept ist also die Ursachenforschung.
Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?
Das kann man so genau nicht sagen. Als mein Debüt erschien und ich ersten Kontakt zu Lesern, wie Leserunden hatte, waren das täglich bestimmt an die zwei Stunden. Inzwischen ist es weniger. Man muss sich da auch selbst bremsen, denn man kann ja immer noch irgendwo Werbung für das eigene Buch machen, Kontakte knüpfen und eben noch präsenter sein. Ich mache dann eine Pause, wenn ich merke, dass mir die Zeit für das fehlt, was ich ja machen, will: Schreiben. Und die ist sowieso knapp bemessen.
Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?
Als Neuling, der ich ja auch noch bin, sind Leserunden, z.B. bei Lovelybooks oder Leserunden.de sicher ein guter Anfang.
Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?
Es gibt immer wieder Autoren, deren Bücher mich inspirieren, mir Lust machen zu schreiben. Wer mich sehr beeindruckt ist Tana French und da vor allem das Buch „Schatten Still“. Wobei das manchmal auch hemmt, die eigenen Ansprüche so hoch schraubt, dass ich wieder zurück schrecke. Welches Buch mich sehr geprägt hat ist „The Storm Watcher“ von Graham Joyce. Er schafft eine irrsinnige Atmosphäre, eine seltsam durchscheinende Sommerstimmung. Das ist eines der Bücher, die ich immer wieder gelesen habe.
Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?
Ich glaube nicht, dass man da selbst viel dazu beitragen kann, um dort wahrgenommen zu werden. Da müsste die Initiative schon von der anderen Seite kommen. Es ist einfach so: Was jeder liest, will auch jeder lesen, will mitreden können. Man lässt sich da ja auch selbst leicht anstecken. Wenn ich immer wieder von einem bestimmten Buch höre, weil scheinbar alle es gelesen haben, ist meine Neugierde auch geweckt. Auch ist der Markt durch die Vielzahl der Veröffentlichungen einfach unübersichtlich, da greift man eben gerne zu Büchern, die schon breit besprochen wurden. Es ist aber immer wieder schön, wenn man ganz zufällig über ein Buch stolpert, dass man selbst für sich entdeckt hat.
Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?
Ich sehe mich selbst noch als Anfänger. Etwas, was ich ganz am Anfang getan habe, es aber auf keinen Fall als Fehler betrachte ist, mir etwas zuzutrauen, nicht auf Stimmen zu hören, die einem sagen, man könne es vergessen, weil die Konkurrenz zu groß, das Verlagswesen „böse“, die Hürde zu hoch ist. Ich habe einfach geschrieben und das mit Spaß an der Sache. Ich war überzeugt davon, dass mein Erstling irgendwann veröffentlicht wird. Man sollte also nicht den Fehler machen, sich von anderen entmutigen zu lassen. Gut, da fällt mir noch ein Fehler ein! Ich wäre fast auf einen Druckkostenzuschussverlag reingefallen. Deshalb mein Tipp an Anfänger: Macht euch schlau, schaut euch in Internetforen um, glaubt nicht alles, was euch erzählt wird!
Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?
Mir fallen Actionszenen sehr schwer. Immer wenn es schnell wird, habe ich Probleme das schreiberisch umzusetzen. Zum Glück brauche ich die eigentlich fast nie. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, habe ich auch noch keine echte geschrieben. Die Plots, die ich schreibe verlangen so was nicht. Ich mag lieber die szenischen Beschreibungen, wenn sich etwas allmählich entwickeln darf.
Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?
Da die Geschichten, die mich interessieren, im ganz Privaten, Zwischenmenschlichen angesiedelt sind, werde ich damit beim Schreiben nicht konfrontiert. Wenn man von anderen etwas erwarten kann, dann, dass sie sich gut überlegen, wie sie ein Thema bearbeiten und welche Aussage dahinter steht. Wenn man so etwas in Romanform verpackt, hat das wahrscheinlich eine viel größere Auswirkung auf das Bild einer Wirklichkeit, die man vermittelt, weil der Leser eben emotional eingebundener ist. Und dieses Wissen sollte beim Schreiben präsent sein.
Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?
Ich versuche zumindest meinen Tag so zu strukturieren, dass ich etwas Zeit zum Schreiben habe. Ohne eine gewisse Zeiteinteilung geht es bei mir nicht. Das sieht so aus, dass ich morgens relativ früh aufstehe, bevor die Kinder wach sind und schon mal das Nötigste erledige. Wenn die Kinder dann in der Schule sind, setzte ich mich erst mal zum Nachdenken auf die Terrasse und das kann dauern. Da ich fast nicht schriftlich plotte, sondern das Meiste im Kopf habe, heißt es erst mal sortieren. Wenn ich dann weiß, wie ich vorgehe, setze ich mich an den PC und schreibe. Aber das, was wirklich am meisten Zeit verschlingt ist eben das plotten, das Schreiben an sich ist dann das Sahnehäubchen und leider bleibt dafür sehr wenig Zeit.
Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?
Da muss ich aufpassen, dass ich nicht zu viel verrate … Es handelt von „harmlosen“ Kinderspielen, die zur Katastrophe führen.
Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.