Interview mit Katharina Reschke
Katharina Reschke hat einen Magister in Literatur und Sprachen und arbeitet seit 1999 als freie Autorin in Berlin. Sie schreibt Drehbücher für Fernseh- und Kinofilme sowie Serien; darunter Kinderserien wie „TKKG“ (Animation) und „Rennschwein Rudi Rüssel“. 2010 kamen ihre Kinofilme „Hanni und Nanni 1“ und „Das Sandmännchen – Abenteuer im Traumland“ auf die Leinwand. Für ihre Drehbücher wurde Katharina Reschke bereits mehrfach ausgezeichnet. Mit „Roxy Sauerteig – Das 4. Obergeheimnis links“ erschien 2012 ihr Debüt als Buchautorin.
Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über so was nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?
Ja, darüber mache ich mir in der Tat Gedanken. Allerdings nicht aus „Konkurrenz“-Gründen, sondern vielmehr mit dem Wissen, dass es immer schwerer wird in diesem Überfluss entdeckt bzw. gesehen zu werden. Umso mehr weiß ich, wie wichtig es ist, dass die eigene Geschichte über so viel Originalität, Relevanz und Qualität verfügen muss, dass es sich für alle lohnt, dafür sein Geld auszugeben.
Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?
Ich selbst lese überhaupt nicht nach Bestseller-Listen. Dazu stöbere ich viel zu gerne in Buchläden, freu mich über überraschende Entdeckungen und horche neugierig auf die Tipps von BuchhändlerInnen. Aber natürlich ist mir als Autorin klar, welche Macht diese Listen ausüben – und was für ein Glück es für AutorInnen ist zu den Auserwählten dieser Marketinglotterie zu gehören.
Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?
Mein Geheimrezept ist der Schlaf. Mit der zu knackenden Nuss aufs Sofa legen und eine halbe Stunde den Geist schweben lassen. In den meisten Fällen kehrt er mit einer Lösung zurück und bringt auch die nötige Entspanntheit mit sich.
Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?
Ich bin natürlich präsent, aber da sich meine bisherigen Bücher vor allem an 8 bis 13jährige richten, spielen hier die digitalen Medien noch eine untergeordnete Rolle. Meine Leserinnen und Leser schreiben lieber Mails und Briefe, um in die Kommunikation zu treten, was ich sehr schön finde.
Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?
Ich setze in erster Linie auf die Kompetenzen meiner Verleger, denn die sind die Profis in diesem Bereich und verdienen auch ihr Geld damit. Ich selbst nutze das Internet, Lesungen und Flyer als Ergänzung.
Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?
Ich empfinde u.a. einen Autor wie Philip Ardagh als höchst inspirierend, denn er schreibt zum Teil so schräg und verrückt, dass das eigene Gehirn beim Lesen jede Bodenhaftung verliert und so in den idealen Zustand für losgelöste Kreativität versetzt wird.
Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?
Ich glaube, wenn die JournalistInnen ein Interesse hätten, sich als findige Trüffelschweine zu profilieren und selbst gerne überrascht würden, dann würden sie einfach mal nach rechts und links in die abgelegenen Ecken und Winkel schauen und darüber schreiben. Da gibt’s nämlich jede Menge toller Bücher zu entdecken, die leider viel zu oft verloren gehen.
Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?
Ich glaube, man sollte sich weniger darauf konzentrieren Fehler zu vermeiden, als vielmehr den Wert in ihnen zu sehen. Sie helfen uns zu wachsen und für Veränderung zu sorgen. Meine Empfehlung: Seid größenwahnsinnig, glaubt an das Unmögliche und schreibt, schreibt, schreibt.
Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?
Meine bisherigen Bücher haben sich an Kinder gerichtet, da ging es noch nicht um Sex oder auch extreme Gewalt. Die Herausforderung liegt hier eher darin, dass man sich überzeugend in die Perspektive von deutlich jüngeren Menschen und deren Bedürfnisse hineindenken muss. Da ist nicht immer einfach, macht aber großen Spaß, wenn’s klappt.
Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?
Der Beruf „AutorIn“ beinhaltet aus meiner Sicht neben der Gewährleistung von guter Unterhaltung auch, unbequeme Themen anzugehen oder auf Missstände aufmerksam zu machen. In „Roxy Sauerteig – Gib Affen keinen Zucker!“ (Baumhaus Verlag) gehe ich zum Beispiel auf die Festnahme der Arktis-Aktivisten durch die Russen ein. Das ist sicher kein Thema, das in Russland in einem Kinderbuch begrüßt würde, aber ich finde es wichtig, dass unsere Heranwachsenden sich im Rahmen einer spannenden Abenteuergeschichte mit solchen Thematiken und Fragen auseinandersetzen (dürfen). Was geschieht mit unserer Umwelt? In wie weit ist es meine Aufgabe, mich dafür einzusetzen? Und wie viel Verantwortung trage ich eigentlich auch für meine Mitmenschen in ferneren Ländern?
Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?
Da Schreiben mein Beruf ist, strukturiert die Arbeit am Buch oder Drehbuch meinen Tag. Ich gehe morgens ins Büro und verlasse es abends – oder, wenn ich gut voran komme auch mal nachmittags. Schreiben hat für mich viel mit Disziplin zu tun, denn die kleinen Ablenkungsteufelchen hopsen überall in der Gegend herum und haben lauter wunderbare Ideen, was ich stattdessen mit ihnen veranstalten könnte. Da hilft mir eine klare Struktur.
Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?
Ich bereite gerade den Kinofilm für meine „Roxy Sauerteig“-Reihe vor und adaptiere eine englische Buchreihe für einen Animationskinofilm. Darüber hinaus ist ein neues Kinderbuch und ein Roman für Erwachsene in Arbeit.
Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.
Katharina Reschke im WWW
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