Achtung: Dies ist die Fortsetzung von „Der Herr der Tränen„
Rezension von Christian Wolfgang Büge
Salarkis ist zu Regrets Turm gereist, wo die Narbe ihm seine unnatürlichen Fäden entreißt und sich selbst zum Teil heilt. Er sitzt nun in der Mitte der Entflochtenen fest, dennoch schafft er es eine Nachricht an Rostigan und Yalenna zu schicken. Endlich wissen sie wie die Narbe geheilt und die Welt gerettet werden kann. Und die Erschütterungen der Welt nehmen zu: Reuewürmer breiten sich aus, die Sonne verschwindet mitten am Tag und unnatürliche Erdbeben erschüttern das Land.
Doch seit dem Erwachen der Wächter hat sich einiges verändert. Die Diebin, Braston und Despirrow sind tot. Mergan ist wahnsinnig geworden und will die Welt mit den Entflochtenen angreifen. Forger ist mächtiger als zuvor und lässt seine Armee nach Ander marschieren. Auch er will ganz Aorn unterwerfen. Rostigan und Yalenna versuchen die Armee nach Brastons Tod zusammenhalten. Sie wollen gemeinsam die Magie der Welt wieder herstellen. Doch dazu müssen sie zuerst Mergan und Forger dazu bringen ihre Macht aufzugeben, der sie verfallen sind. Aber auch Rostigan hat mit seiner Vergangenheit zu kämpfen. Er muss geheim halten, dass er in Wirklichkeit Karrak, der grausamste und gefürchtetste der Wächter, ist. Und auch er ist nicht bereit seine Magie einfach abzugeben. Er ist seit dreihundert Jahren auf der Suche nach der Liebe seines Lebens, eine Liebe die er durch die Verderbnis der Magie verloren hat.
Rezension:
– Aufmachung des Buches –
Wie auch beim vorherigen Band sieht man erneut den blutroten Riss, der sich durch die Fäden der Magie zieht. Sie werden auf Wasser gespiegelt, während eine Person vor diesem sitzt und hineingreift. Die Weltkarte ist die gleiche wie im ersten Band und hilft bei der Orientierung.
– Form –
Durch Rückblenden zum Moment kurz nach Regrets Tod wird die Vergangenheit der Wächter greifbarer. Man erfährt etwas von deren Vorgeschichte ebenso, wie über die Veränderungen, die sie nach der Aufnahme von Regrets verdorbenen Fäden erleiden. Durch Gespräche untereinander werden die Charaktere ausformuliert und „erwachen zum Leben“. Sie wirken in der Fortsetzung deutlich realer als im ersten Teil.
Als Salarkis sich der Wunde der großen Magie nähert, schießen Fäden hervor, die ihn umfassen. Er wird bewusstlos und als er erwacht ist er wieder ein gewöhnlicher Mann. Die Magie hat die Fäden, die ihr gestohlen worden waren, wieder zurückgeholt. Dieser Lösung wohnt ein fader Beigeschmack inne:
– Warum wurde die Magie nicht durch den Tod Regrets geheilt? Seine Fäden gingen auf jene Magier über, die ihn bezwangen, anstatt von der großen Magie aufgenommen zu werden. „Die große Magie […] war ein unstetes Ding.“ (S.18) Diese Antwort finde ich persönlich unbefriedigend.
– Die Wächter müssen lediglich zum Turm zurückkehren, alles andere erledigt sich von allein. Es wirkt ziemlich einfach, wenn die Welt doch am Rand des Abgrunds steht.
Wirken die Entflochtenen im ersten Band wie einfache, böse Kreaturen, wird dem Leser hier ein besseres Bild vermittelt. Die Entflochtenen waren Menschen, die von Regret verändert wurden. Ihre Gesellschaft wird dargestellt und dem Leser ein kleiner Einblick in diese gewährt. Dennoch bleiben sie eine Bedrohung für den Rest Aorns und vereint wollen sie den Kontinent unterwerfen. Wie schon im ersten Band kann man sie leider nur schwer ernst nehmen. Erneut bekommt man es mit Gestalten wie „Narbenstirn“, „Blauauge“ und „Grünwange“ zu tun.
Yalenna segnet alle Menschen in ihrer Umgebung. Es ist die Wirkung der Fäden, die sie von Regret nach dessen Tod erhalten hat. „Yalenna dankte ihm, und die Segnung Mögen Käfer, die beißen, andere Leute schmackhafter finden als dich“ ging auf ihn über. Sie bemerkte es jedoch nicht.“ (S.76) Hier erfährt man etwas, das selbst die Figuren nicht wissen. Leider erlebt man zu häufig, wie ihr Segnungen entspringen, die von geringer Bedeutung sind. Sie bringen die Handlung ebenfalls nicht weiter.
„Salarkis war überrascht, einen Mann zu sehen, der eine Frau gegen eine Mauer presste und ihr die Brüste begrapschte. Einen Moment später stieß er sie auf den Boden, und sie legte sich auf den Rücken, die Beine gespreizt, bereit. Sie begannen wie Schweine im Dreck zu rammeln und zu stöhnen, ohne die Kinder in der Nähe zu beachten oder sonst irgendjemanden.“ (S.85f.) Immer wieder tauchen Szenen voller sinnloser Gewalt und sexueller Ausschweifungen auf. Sie wirken geschmacklos und deplatziert. Ich persönlich frage mich, was der Autor mit diesen vermitteln will. Eine vernünftige Antwort habe ich bisher nicht finden können.
Die Helden der Geschichte nehmen sich verschiedene Ziele vor, um ihre Widersacher zu bezwingen und die Magie zu heilen. Mehr oder weniger problemlos werden diese, eins nach dem anderen, erreicht. Wer auf Rückschläge und Pannen hofft, die den Ausgang ungewiss machen, wird enttäuscht.
Mergan saß 300 Jahre gefangen in einer Höhle fest. Über diesen Zeitraum ist er wahnsinnig geworden. Er stellt sich den Entflochtenen als Regret vor und will die Welt unterwerfen. Als er seine Fäden verliert und wieder sterblich wird, fällt auch der Wahnsinn vom ihm ab. Hier wird eine Brücke zwischen vollständiger Isolation und daraus resultierendem Wahnsinn und Magie gezogen, die ich so nicht nachvollziehen kann.
– Fazit –
Besser als der erste Teil, aber immer noch nicht gut.
Die Rückblenden in die Vergangenheit lassen den Leser einen Blick in die Anfänge der Wächter werfen. Man erlebt, wie sie sich allmählich verändern. Interessant ist dabei, dass ein jeder sieht, wie sein Leben ohne die Veränderung der Magie verlaufen wäre. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Ebenfalls positiv fällt hier auf, dass die Charaktere der Geschichte an Tiefe gewinnen. Auch die Handlung ist spannender als beim Vorgänger.
Dennoch irritieren mich die Szenen voller Gewalt und Sex. Sie treiben die Handlung in keinster Weise voran und haben mich persönlich abgestoßen. Der Verlauf der Geschichte ist auch zu geradlinig. Alle gesteckten Ziele der Helden werden ohne größeren Widerstand erreicht.
Der Abschluss der Geschichte ist angenehmer zu lesen, als sein Vorgänger. Dies ist vor allem den Charakteren zu verdanken, in die man sich besser einfinden kann. Zu den großen Autoren kann man Sam Bowring meiner Meinung nach aber nicht zählen.
Autor
Sam Bowring ist ein australischer Stand-Up Comedian. Er lebt in Sydney. Er hat bereits einige Bücher und Theaterstücke geschrieben sowie Drehbücher fürs Fernsehen.
Infos
Originaltitel: The Lord of Lies
Reihe: Nachfolger von „Der Herr der Tränen“
Genre: Fantasy
Zielgruppe: ab 16 Jahren
Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag
Format: Taschenbuch, 416 Seiten
Erscheinungsdatum: 17.06.2014
Preis: 9,99€
ISBN: 978-3-442-26944-0
Christians Bewertung: 2,5 von 5 Sternen!
(Christians Bewertungssystem: (1 = Zeitverschwendung, 2 = Nicht mein Fall, 3 = Okay, 4 = Überdurchschnittlich Gut, 5 = Lieblingsbuch)