Fjodor Dostojewski zählt zu den größten russischen Literaten der Geschichte. Wie Leo Tolstoi war er mit unglaublicher Sensibilität in der Lage, sich in die Psychologie der Menschen hineinzusehen, diese in Worte zu fassen und schließlich an seine Leser weiterzuleiten. Dadurch entstanden Werke wie „Die Brüder Karamasov“, „Schuld und Sühne“ oder „Der Idiot“, die heute einen festen Platz in den Klassikern der Weltliteratur haben. Doch wie viele Persönlichkeiten, die Großes vollbracht haben, hatte auch er mit den Höhen und Tiefen des Lebens zu kämpfen.
Die frühen Jahre
Dostojewski kam 1824 in Moskau auf die Welt. Als Sohn eines Arztes und einer Kaufmannstochter, lebte er zwar in ärmlichen Verhältnissen, genoss aber er eine gute Schulbildung, die er später in der militärischen Universität in St. Petersburg fortführte. Doch früh entschied er sich gegen eine militärische Karriere und begann mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 1846 erschien sein erster Roman „Arme Leute“, der von russischen Intellektuellen hochgelobt wurde.
1849 erlebte der Literat einen gravierenden Rückschlag, der seine schriftstellerischen Tätigkeiten ernsthaft in Gefahr brachte. Aufgrund seiner Nähe zu sozialistischen Kreisen, wurde er zu einer Festungshaft in einem Arbeitslager und danach zum Dienst als Soldat verurteilt. Das Schreiben wurde ihm verboten. Erst Jahre später erlaubte man ihm die Veröffentlichung seiner Werke sowie die Rückkehr nach Moskau und St. Petersburg, die damals wie heute die wichtigsten literarischen Zentren Russlands waren. Während des Militärdienstes lernte er seine erste Frau kennen, die jedoch 1864 der Tuberkulose erlag. Dostojewski selbst wurde während seiner Zeit im Militär mit Epilepsie diagnostiziert. Die Krankheit begleitete ihn sein ganzes Leben lang.
Auslandsreisen und die ersten großen Romane
Nach der Aufhebung des Schreibverbots war der Schriftsteller in der Lage seinen Lebensunterhalt stark aufzubessern, wodurch er 1862 seine erste Auslandsreise finanzieren konnte. Dies sollte der Beginn einer langen Periode auf Reisen zwischen Russland und Europa werden. Der Eintritt in neue intellektuelle Kreise und seine Erfahrungen über die europäische Kultur spiegelten sich bald in seinen Schriftstücken. Zudem war er ein Lebemann, der bald, wie andere russischen Schriftsteller auch, in die Unterhaltungswelt Europas eintauchte. Casinos wurden regelmäßig besucht, so dass Dostojewski nach einer Weile mit Schulden zu kämpfen hatte, welche seine schriftstellerischen Tätigkeiten stark beeinflussten. So zwang ihn seine prekäre finanzielle Situation seinen Roman „Der Spieler“ unter enormen Zeitdruck zu schreiben. Doch die Schaffungsphase des Werkes brachte ihm gleichzeitig privates Glück.
Er heiratete später die Stenographin Anna Snitkina, die er eingestellt hatte, um die Fertigstellung des Romans zu beschleunigen. Trotz des ständigen Ortswechsels und finanzieller Probleme, war Dostojewskis Produktivität kaum zu bremsen. Parallel zu „Der Spieler“ arbeitete er an „Schuld und Sühne“. Danach folgten die Romane „Der Idiot“ und „Die Dämonen“. Heute zählen diese Werke zu den Klassikern, die die russische Gesellschaft zu Dostojewskis Lebzeiten den Lesern gekonnt vor Augen führen.
Die endgültige Rückkehr nach Russland
Zehn Jahre später kehrte der Literat endgültig nach Russland zurück und versuchte ein relativ sesshaftes Leben zu führen. Durch seinen Ruhm und seiner Nähe zu einflussreichen Persönlichkeiten verbesserte er sein Verhältnis zum Zarenhaus, aber beschäftigte sich dennoch mit heiklen Themen in seinen Schriftstücken für eine Wochenendzeitung. Mit „Der Jüngling“ folgte ein weiterer Roman. Doch ein Schicksalsschlag traf Dostojewski zutiefst. 1878 verstarb plötzlich sein dreijähriger Sohn. In Trauer zog er sich in das Optina-Kloster zurück und begann dort „Die Brüder Karamasow“ zu schreiben. Wie in seinen anderen Werken auch, baute er seine Erfahrungen in die Handlung ein und versuchte so seine Trauer zu verarbeiten. Sein letztes großes Werk wird sowohl wegen seiner Unübersichtlichkeit, als auch für die depressive Grundstimmung kritisiert. Dennoch zählt es zu den größten Meisterwerken der Weltliteratur, das nicht nur die seelischen Abgründe der Menschheit erfolgreich vor Augen führt, sondern auch das moralische Dilemma der Moderne in Frage stellt.
Kurz vor seinem Tod begann die russische Öffentlichkeit sein Schaffen und seine Persönlichkeit zu würdigen. Er wurde in intellektuellen Kreisen und in öffentlichen Institutionen für seine Erfahrung respektiert sowie als Meinungsführer zu Rate gezogen. Als er in 1881 in St. Petersburg starb, erwiesen ihm Zehntausende die letzte Ehre.