Dieter Wunderlich betreibt seit mehr als 10 Jahren eine unkommerzielle Literatur- und Filmwebsite der Extraklasse. www.dieterwunderlich.de macht mit mehr als 5 Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr (nach eigenen Angaben) als Ein-Mann-Unternehmen redaktionell betriebenen Literaturgrößen wie dem Perlentaucher Konkurrenz. Damit ist er auch Ansporn und Vorbild für andere Betreiber von Literaturwebsites. Mit seinen über 4.100 ausgezeichneten und hochrelevanten Rezensionen und Beiträgen ist er eine feste Größe im Online-Literaturbetrieb. Außerdem ist der vielseitige Ex-Manager selbst Buchautor und schreibt Biografien im Piper-Verlag.
FaBü: Dieter Wunderlich, Sie haben über die Jahre tausende von Büchern gelesen und rezensiert. Schaut man sich Ihre persönlichen Favoriten an, die Top 100, so empfehlen Sie da Klassiker wie „Die Blechtrommel„ ebenso wie moderne Literatur, wie etwa „Der Schwarm“. Modern oder klassisch – haben Sie eine Präferenz?
DW: Moderne Romane sprechen mich in der Regel stärker an als Werke, die vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Vermutlich ist das so, weil mir die Themen und Szenarien näher sind. Aber es liegt bestimmt auch an Experimenten in der Gestaltung. Wichtiger als Genre, Thema und Plot ist für mich nämlich die Form. Ein Roman kann noch so spannend sein, trotzdem klappe ich das Buch zu, wenn der Aufbau zu wünschen übrig lässt und womöglich auch noch die Sprache schludrig ist. Umgekehrt lese ich Romane, die überhaupt nicht spannend sind, aber deren originelle Komposition und/oder kunstvolle Sprache mich begeistern mit roten Ohren. Als kunstvoll betrachte ich nicht nur eine fein geschliffene Sprache wie z. B. in „Mein Herz so weiß“ oder „Unendlichkeiten“, sondern unter Umständen auch eine bewusst grobe Sprache wie etwa in „Das große Heft“ oder „Accabadora“. Ideal ist es, wenn Thema, intellektuelles Niveau, Form und Sprache gleichermaßen faszinieren. Das gab es vor 1950 („Traumnovelle“, „Mephisto. Roman einer Karriere“, „Alexis Sorbas“, „Unter dem Vulkan“ u. a.) ebenso wie in den letzten Jahrzehnten („Der Bademeister“, „Das Fest des Ziegenbocks“, „Paradies“, „Das geheime Prinzip der Liebe“, „Im schönen Monat Mai“ u. a.).
FaBü: Sie haben ja Ihre eigene Top-100-Liste. Die ZEIT hat vor Jahren eine Kommission aus 6 Experten zusammengestellt und eine Top-100-Liste der Weltliteratur herausgegeben, die sehr viel Zustimmung aber auch Kritik erfahren hat. Wie stehen Sie zu solchen Bestenlisten?
DW: Ebenso bekannt wie umstritten ist der von Marcel Reich-Ranicki aufgestellte Kanon. Von einer Kanonisierung halte ich wenig, denn jede Leserin, jeder Leser hat eigene Vorlieben, und das ist gut so: „Value the differences“ lautet einer meiner Wahlsprüche. Trotzdem habe die 100 Bücher aufgelistet, die mich am meisten beeindruckten, aber diese Aufstellung ist vollkommen subjektiv, basiert auf höchst lückenhaften Literaturkenntnissen und erhebt in keiner Weise den Anspruch einer allgemeingültigen Empfehlung.
FaBü: In anderen Ländern gab es ja ebenfalls Versuche einer Kanonisierung, immer mit verschiedenen Ansätzen. Die britische BBC hat 750.000 Briten wählen lassen, die französische Le Monde hat immerhin eine Vorauswahl von 200 Büchern von den Lesern auf 100 Bücher einengen lassen. Sollte man sowas „demokratisch“ entscheiden, oder hat hier die Stunde der Experten geschlagen?
DW: Weder noch. Über Richtlinien von Experten wie dem Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki sprachen wir bereits. Das ZDF ermittelte 2004 für die Sendung „Unsere Besten. Das große Lesen“ die 100 von 250.000 Teilnehmern am häufigsten genannten Buchtitel. Das ist ganz interessant, aber es zeigt nicht mehr als eine Momentaufnahme des Main Stream.
FaBü: Haben Sie sich schon einmal mit dem Gedanken getragen, selbst abstimmen zu lassen? Bei der Masse Ihrer Besucher kämen zumindest aussagekräftige Zahlen zustande.
DW: Nein, daran habe ich nie gedacht, und – ehrlich gesagt – ich hielte das auch nicht für sinnvoll.
FaBü: Sozusagen das Gegenstück zu solchen Bestenlisten bilden Bestsellerlisten, wie jene des Spiegel. Es gibt Leser, für die ist das der absolute Maßstab. Für andere ist es im Gegenteil der Beweis, dass es sich bei den dort vertretenen Büchern um „Massengeschmack“ handelt und ergo die Bücher keine „große Literatur“ sein können. Zwei Extrempositionen. Wie steht’s mit Ihnen. Lassen Sie sich von Bestsellerlisten beeinflussen?
DW: Bis vor einiger Zeit las ich prinzipiell keine Bestseller. So arrogant bin ich inzwischen nicht mehr. Die Meinung, dass kommerziell erfolgreiche Bücher keine anspruchsvolle Literatur sein können, teile ich nicht. Sie wird von „Kaltblütig“, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, „Schande“, „Middlesex“, „Schiffbruch“ und anderen Büchern widerlegt.
FaBü: Hr. Wunderlich, wir wünschen Ihnen bei Ihrer Autorentätigkeit und Ihrer Website weiterhin viel Erfolg und bedanken uns herzlich für das Gespräch.
Guten Tag Herr Wunderlich,
schon vor zwanzig Jahren oder mehr habe ich auf Ihrer Seite gerne getummelt, weil mir Analysen und Rezensionen zu Filmen und Büchern immer sehr gefallen haben, darüber hianus waren sie im Feuilletonwald mit das Beste, was man neben den immer wieder geannten Autoren wie Kilb oder Seeßlen herausragte.
Sie kennen bestimmt von Paul Nizan „Atoine Bloye“, setze ich einmal voraus. Schon 1994 habe ich dazu ein Drehbuch geschrieben, um diesen exzellenten Stoff auf die Leinwand bringen zu können. Ich habe damals zwei oder drei Anlaufstellen angeschrieben und dann ganz normals als CD weitergearbeitet. Zweimal habe ich es schon neu bearbeitet, aber ich komme nicht dazu, es zu versenden und habe inzwischen eine Blockade, wenn es um Verlage, Filmproduktionsgesellschaften und Fernsehen geht. Das anbiedernde und dann süffisant ablehnende Gewäsch konnte ich nicht mehr ertragen und habe es fortan gelassen. 2018 habe ich ein Manuscript eingereicht und Wohlwollen geerntet, aber das war es auch schon.
Aber was macht ein schreibender Mensch, wenn er zum einem wenig Lust verspürt, dauernd gegen geschlossene Türen zu laufen oder immer wieder hört, dass es gut sei, was er schreibe, aber leider nicht in das Konzept des Verlages passen würde und zum anderen auch keine Zeit zur Verfügung hat, neben dem freiberuflichen Job als Fotograf und Künstler auch noch nachts oder morgens früh „Internetklinken“ zu putzen.
Das ist keine Arroganz oder Ausrede, sondern die Wirklichkeit in meinem Schaffen seit 20 Jahren.
Seit 2002 habe ich bis heute 5 lange Manuskripte neben unserer Tätigkeit als Kulturreiseveranstalter und Art Consultants fertiggestellt. Vor drei Jahren habe ich mich aufgemacht und eine Ochsentour in kalter Akquise gemacht und daraufhin desillusioniert das Handtuch geworfen. Ich suche jemand, der den entscheidenden Kontakt herstellen kann, weil das sein oder ihr Beruft ist. Auf unserer website philosophiekunst sehen Sie einige newsletter und viele Blogeinträge, die ich während der Reisen oder unmittelbar danach geschrieben habe. Auf meiner website http://www.collposing.de sehen Sie wiederum die verkleinerten Darstellungen meiner großformatigen Bilder, die in den letzten 20 Jahren entstanden sind. 2019 habe ich eine Ausstellung in einer Galerie eröffnet, dann kam die Pandemie, die uns alle, die wir kreativ arbeiten, in ein Vakuum sperrte. In zweieinhalb Jahren war die Galerie entweder teilweise oder ganz geschlossen oder nur für wenige Besucher geöffnet. (Erlaubt auf 4 qm pro Mensch) zuließ. Ein kompletter Reinfall. Außer Spesen, nichts gewesen.
Mich wirft das nicht um, denn es geht mir zu allererst darum, dass ich weitermache und in meiner Leidenschaft Erfüllung finde. (Auch wenn das kitschig in manchen Ohren klingt, es ist so). Jetzt habe ich wieder zwei Skripte zur Korretur in Arbeit, die während der Pandemie entstanden.
In diesem Sinn beste Grüße aus Köln: In der Hoffnung Feedback zu bekommen