„Willkommen in London! Wenn Sie diese großartige Stadt bereisen, versäumen Sie auf keinen Fall einen Besuch im Emporium Arcana. Hier verkauft der Besitzer Alex Verus keine raffinierten Zaubertricks, sondern echte Magie. Doch bleiben Sie wachsam. Diese Welt ist ebenso wunderbar wie gefährlich. Alex zum Beispiel ist kürzlich ins Visier mächtiger Magier geraten und muss sich alles abverlangen, um die Angelegenheiten zu überleben. Also halten Sie sich bedeckt, sehen Sie für die nächsten Wochen von einem Besuch im Britischen Museum ab und vergessen Sie niemals: Einhörner sind nicht nett!“
Im Stadtteil Camden von London betreibt Alex Verus ein Geschäft für magische Gegenstände. Er ist jedoch auch ein echter Magier, der die Wahrsagerei beherrscht, mit der er in die Zukunft blicken und die verschiedenen möglichen Zukunftsstränge betrachten kann. Aufgrund dieser Fähigkeit wird er, trotz unauffälligen Lebens, mehr oder weniger freiwillig von mehreren mächtigen Magiern, die sich untereinander nicht wohlgesonnen sind, rekrutiert, um ein altes Relikt zu öffnen, in dem ein mächtiges Artefakt aus der Geschichte der Magie vermutet wird. Trotz aller Vorteile, die seine Magie mit sich bringt, muss sich Alex ins Zeug legen, um nicht nur sich, sondern auch seinen Freunden das Leben zu retten und alles zu einem guten Ende zu führen.
SPRACHLICH/LITERARISCH
Das Werk ist der Auftakt einer Urban-Fantasy-Serie und steigt mit dem ersten Kapitel ein, mit welchem man als Leser direkt in das Leben des Protagonisten und Ich-Erzählers Alex Verus hineingeworfen wird. Schon zu Anfang wird klar, dass Schreibstil und Erzählweise etwas Besonderes sind, da Jacka hier seinen Hauptcharakter Verus direkt zu dem Leser sprechen lässt. In Filmen würde man sagen, die handelnde Figur durchbricht dabei die „vierte Wand“, wie es beispielsweise bei Deadpool der Fall ist. Dabei spricht Verus nicht nur direkt zum Leser, er erklärt auch, holt teilweise auch weiter aus, um die Welt, in der er lebt, genauer zu beleuchten und verständlich zu machen. Jackas Schreibstil ist dabei sehr angenehm zu lesen, flüssig und ohne Stolperer über Fach- oder Fremdwörter kommt man voran.
HANDLUNG
Jacka gelingt in seinem „Labyrinth von London“ etwas, was bei anderen Autoren leider immer wieder schief geht: Er bringt viel Inhalt und Details auf wenige Seiten. Nicht, dass das Buch dünn wäre, mit seinen 412 Seiten hat es ein ordentliches Taschenbuchformat, jedoch kam nach einiger Zeit lesen das Gefühl auf, schon lange gelesen und viele Informationen aufgenommen zu haben, dabei waren es gar nicht viele Seiten, die umgeblättert wurden. Der Knackpunkt dabei ist, dass es zu keiner Zeit langweilig oder langatmig. Der Autor beziehungsweise der erzählende Protagonist Verus hat es im Gefühl, an welcher Stelle mehr Informationen vonnöten sind, ohne jedoch belehrend zu wirken, und wo ein paar wenige Sätze ausreichen.
Zu Anfang wirkt die Handlung einfach, sie berichtet von Alex Verus` Leben in seinem Geschäft. Hier und da setzt Jacka ein paar Akzente, indem er eine neue Figur hinzu stellt oder Verus selbst Einwürfe zu seiner Vergangenheit oder zur Welt der Magier gibt.
Jedoch nimmt sie rasch an Fahrt auf, als die ein oder andere unliebsame Begegnung stattfindet. Jacka gelingt es, den Spannungsbogen wirklich Stück für Stück hinaufklettern zu lassen, indem sich nach einem gelösten kleinen Konflikt schon der Nächste auftut, die Personen dabei aber Stück für Stück dem Gesamtziel näher kommen. Im letzten Viertel ruft das Buch dann das „nicht mehr weglegen können“- Gefühl hervor, welches sehr wertvoll ist. Der Hauptkonflikt baut sich dabei Stück für Stück auf, Alex Verus, und damit auch der Leser, erhält nach und nach immer mehr Informationen, sodass es eine Hälfte des Buchs dauert, bis alle wissen, was Verus tun und lassen soll und wer was wie erreichen will.
Besonders interessant für den Leser ist der Blickwinkel einer Person, die wirklich mitten im Geschehen steht, von der man die Gedanken kennt und die alle Ereignisse kommentiert. Somit ist man teilweise überrascht über Wendungen und Ereignisse, die man eigentlich hätte kommen sehen müssen, für die man jedoch durch eine gewissen Befangenheit blind gewesen ist. Man fühlt sich als Teilnehmer der Handlung, nicht als Betrachter von außen.
Als Leser von nun schon vielen Büchern habe ich bei mir zu Anfang ein paar Sorgen gemacht. Darüber, ob man hier nicht einen billigen „Harry Potter“-Abklatsch vor sich hat, dass Jacka zu viele Details von J.K. Rowlings Reihe übernommen hat und damit nun versucht, etwas ähnlich Erfolgreiches aufzubauen. Dass der Autor die Übersicht über die von ihm erschaffene Welt, die es in einem Fantasy-Roman immer gibt, verliert, sich Widersprüche bilden oder man als Leser irgendwann einfach nicht mehr durchsieht, weil es zu viele Details sind. Oder etwa, dass die ganze „Magie- und Zauberei-Sache“ einfach kitschig, kindisch wird.
Zum Ersten muss gesagt werden, dass Jacka hier etwas Neues, kaum an Harry Potter erinnerndes geschaffen hat, eine eigenständige Welt, die nichts mit den Zauberern von Hogwarts gemein hat. Auch hatte ich als Leser das Gefühl, dass der Autor weiß, was er schreibt. Aufgrund von fehlenden Wiederholungen oder Unstimmigkeiten muss Jacka ein wirklich gutes Storyboard zur Hand gehabt haben, um den Überblick zu behalten. Auch wird der Leser nicht überschüttet mit Informationen und Details, sodass es unübersichtlich wird. Im Laufe des Buches ergaben sich einige Fragen, beispielsweise zum Verständnis der Arten von Magiern die es gibt, die dann später jedoch beantwortet wurden, sodass sich für den Leser nach und nach ein Bild der magischen Welt von Alex Verus und Co. zusammengesetzt hat. Und mit der Aussicht auf eine Serie könnte man einige offene Fragen verschmerzen, da die Hoffnung auf Beantwortung bleibt. Auch wirkt die Magie im Buch nicht kindisch oder ähnliches, da eben alles schlüssig ist und aufgeklärt wird.
PERSONEN/CHARAKTERE
Benedict Jacka geht in Sachen Personen sehr behutsam vor. Neue Figuren kommen nach und nach dazu, sodass der Leser genug Zeit hat, diese kennenzulernen und zu verinnerlichen, um sie später wiederzuerkennen. Dabei wirkt das Buch auch bei einer betrachtlichen Anzahl an teilnehmenden Figuren am Ende an keiner Stelle überladen oder unübersichtlich. Charmant ist die Art und Weise, mit der der Autor die Figuren beschreibt, ohne sie dabei direkt zu beschreiben. So ist es zum Beispiel mit der Schneiderin Arachne, von der erst nach vielen Seiten behauptet wird, sie sei eine riesengroße Spinne. Jedoch konnte sich der Leser schon vorher denken, was sie ist, da Jacka ihr den entsprechenden Namen gegeben hat. Auch der Luftelementar Starbreeze ist durch seinen Namen charakterisiert als etwas luftiges, zartes und fröhliches. Die „Bösen“ im Buch haben auch die entsprechenden, etwas finster klingenden Namen, wie Cinder oder Kazhad.
Besonders gut gefallen hat mir der Charakter Luna, der zu Anfang etwas matt und unscheinbar und auch nicht sonderlich wichtig wirkt, jedoch nach und nach an Profil und Stärke gewinnt und sich als ein sehr wichtiger Teil der Handlung herausstellt.
Alex Verus ist als Hauptprotagonist mit seiner freundlichen, ehrlichen, intelligenten und überhaupt nicht überheblichen Art direkt sympathisch und man folgt ihm gerne durch das Buch.
ORTE
London als Hauptschauplatz hat durch das Alter und die Tradition der Stadt einen gewissen Charm, welcher die Stadt zum perfekten Spielort für solch eine Handlung macht. Dabei wird aber gar nicht der Wert darauf gelegt, Wege, Orte und Zusammenhänge genau darzustellen, sodass der Leser am Ende einen genauen Lageplan im Kopf hat. Es geht vielmehr um die allgemeine Atmosphäre, die durch den Ort beziehungsweise die Orte entsteht.
ABSCHLIEßENDES GESAMTBILD
„Das Labyrinth von London“ gibt ein sehr gelungenes Gesamtbild ab. Es steht als eigener, starker Urban-Fantasy-Roman da, als gelungener Auftakt einer Serie, mit einer originellen Erzählweise durch den Hauptprotagonisten, der den Leser direkt anspricht und ihm das Gefühl gibt, mitten im Geschehen zu sein. Die Handlung ist schlüssig, die von Jacka erschaffene Welt wirkt authentisch und ist übersichtlich.
Ein lesenswertes Werk, bei dem man Lust bekommt, nach London zu reisen und in Camden Ausschau nach dem kleinen Geschäft Emporium Arcana zu halten.