Rezension von Julia J.
Dieser Roman aus dem Jahre 1985 gilt als einer der großen Klassiker Südamerikas. Im Kolumbien des späten 19. Jahrhunderts verlieben sich Florentino Ariza und die junge Fermina Daza durch den Austausch von Briefen ineinander. Ihrer Gefühle mit einem Male nicht mehr sicher, bricht Fermina jedoch bald den Kontakt ab. Die Geschichte begleitet beide Liebenden durch die Jahre ihres Lebens, das sie getrennt voneinander verbringen. Fermina ist die Frau des angesehenen Arztes Juvenal Urbino und Florentino ein Schürzenjäger, der sein Leben damit verbringt, auf den Tod des Arztes zu warten, um Fermina wieder zurückzugewinnen.
Inhalt
Der Hauptteil des Romans besteht aus einem Rückblick beider Leben seit ihrer Trennung. Sind sie glücklich? Wie sieht ihr Alltag aus? Und denken sie noch aneinander? Márquez konzentriert sich hier insbesondere auf Florentino und dessen Leben, Ziele und Entwicklung. Verzweifelt versucht er erfolgreich zu werden um eines Tages der Frau des Arztes würdig zu sein. Geleitet durch diesen Wunsch steigt er in der Gesellschaft tatsächlich immer weiter auf und füllt seine einsamen Stunden mit mal kurzen und mal langen Beziehungen zu Frauen.
Auch Ereignisse im Leben der Fermina werden dann und wann eingestreut. Ihre Rolle bei gesellschaftlichen Ereignissen an der Rolle des Arztes und ihr Verhalten Florentino gegenüber wenn sie einander bei solchen Gelegenheiten begegnen. Durch die detaillierten Beschreibungen verschiedener Situationen und Orte wird eine karibische Atmosphäre geschaffen, die es dem Leser ermöglicht, sich in die Umgebung einzufinden. Zu Beginn wird der Tod des Doktors bereits verraten, jedoch bleibt offen, ob sich Florentino und Fermina wieder an einander annähern können. Der Rückblick beider Leben bis hin zum Tod des Doktors hilft dem Leser, seine eigene Meinung zu bilden und sich eine Wiedervereinigung der beiden Liebenden zu wünschen oder diese abzulehnen.
Persönliche Meinung
Alles in Allem ist der Roman definitiv lesenswert. Er gehört zu den anspruchsvolleren Werken und durch die detaillierten Darstellungen ist manchmal Durchhaltevermögen gefragt. Es lohnt sich aber und man findet sich in der Karibik des frühen 20. Jahrhunderts wieder und erlebt eine Liebesgeschichte von den Kinderschuhen bis zum hohen Alter. Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs und der Cholera erschafft Márquez eine authentische Atmosphäre, die dem Leser hilft, sich in eine Welt einzufinden, die insbesondere europäischen Lesern fremd sein dürfte. Auch die kontroverse Darstellung beider Protagonisten erschien mir durchaus realistisch. Allerdings führte dies dazu, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich die beiden sympathisch finde oder nicht. Ferminas Kühle und Florentinos Anhänglichkeit, die sich für mich fast schon wie Fanatismus anfühlt, sind Eigenschaften, die zu den Charakteren passen, es dem Leser aber nicht leicht machen, sich mit ihnen zu identifizieren.
Ich persönlich gebe den Buch 3 von 5 Sternen. Ich habe schon Romane von Márquez gelesen, die meiner Meinung nach mehr aussagen, dennoch ist dieses Werk ein durchaus lesenswertes Abenteuer mit detaillierten Beschreibungen, die dazu führen, dass die Karibik des 20. Jahrhunderts unweigerlich vor unserem inneren Auge auftaucht.