Rezension von Mona

Inhalt

„Klara und die Sonne“, aus dem Englischen („Klara and the sun“) übersetzt von Barbara Schaden, ist der neueste Roman des Nobelpreisträgers Kazuo Ishiguro, in welchem er sich gesellschaftlichen Themen annimmt und sie mit einer leichten, aber sehr entscheidenden Science Fiction Note würzt. Ein bekanntes und sehr effektives Stilmittel des Autors, wie ich mir habe sagen lassen.

Worum geht es?

Klara ist eine künstliche Intelligenz. Ein sehr hübsches Modell, dazu entwickelt, einem Kind oder Jugendlichen als Gefährte zur Seite zu stehen. Denn, obwohl der Autor in vielen Details was die Welt und die KIs anbelangt sehr vage bleibt, liest sich deutlich heraus, dass es hier um Klassensysteme geht und die Entfremdung voneinander, die die künstlichen Intelligenzen auffangen sollen. Ein interessantes Setting in Anbetracht unserer aktuellen Situation und den Befürchtungen einiger Experten, dass wir das soziale Miteinander vielleicht ein Stück weit verlernt haben könnten und erst wieder lernen müssen, uns einander anzunähern. Aus diesem Szenario heraus ergeben sich auch im Roman einige unangenehme Szenen, die sich gleichzeitig befremdlich und doch auch sehr nachvollziehbar anfühlen.

Klara wird uns als einzigartiges Modell präsentiert, das vorallem durch ihre Neugier und ihre feine Beobachtungsgabe heraussticht. Sie „lebt“ in einem Geschäft, in dem die künstlichen Freunde vertrieben werden und das Schaufenster ist ihre Verbindung zur Außenwelt. Doch während andere KIs die Welt als gegeben hinnehmen, versucht Klara zu verstehen. Menschen, Zusammenhänge und Geschichten; sie hat einen Hang zur Romantik und Fantasie, was von unschätzbarem Wert ist, wie sich noch herausstellen soll. Bei der Zeichnung der Protagonistin hätte der Autor schnell eine verkitschte Version einer künstlichen Intelligenz erschaffen können, er ist allerdings meiner Meinung nach mit Bravour an diesem Schnitzer vorbeigeschlittert. Wie sehr man Klara vermenschlicht, bleibt letztendlich dem Leser überlassen und daran glückt oder scheitert auch die Geschichte und die Empathie, die man ihr gegenüberbringt. Gesteht man ihr sowohl eine persönliche Weiterentwicklung, als auch ein Bindungsbedürfnis zu, statt sie als bloße Verbindung von technischen Komponenten mit vorprogrammierter Mission zu betrachten, dann wird man wohl eher einen Zugang zu der Geschichte finden.

Denn Klara ist nicht nur die künstliche Intelligenz, die in dieses Szenario geworfen wird, sie ist der Leser, ohne aber seine Eigenart der persönlichen Wertung einzunehmen. Sie analysiert Situationen, versucht sie in einen Kontext zu setzen und hinterfragt, hat aber kein vorgefestigtes Bild, keine Vorurteile, weshalb sie uns einiges voraus hat. Klara mit ihrer wunderbar wissbegierigen Art hilft uns, die Familienkonstrukte und Situationen zu verstehen und sie empfindet so viel für ihren Schützling, dass sie bereit ist, sich aufzuopfern.

Diese Gefühle folgen allerdings mehr als einem einprogrammierten Pflichtprogramm. Sie ergeben sich aus dem Gefühl von Familie und Zusammengehörigkeit, sie sind echt. Weshalb sich hier die Frage, ob Klara weniger wert ist als ein Mensch, für mich überhaupt nicht stellt.

Fazit

Für mich war es eine gut ausgearbeitete Geschichte mit Denkanstößen und einigen bedeutsamen Szenen, die sich zwar nicht zu den Highlights gesellen wird, aber neugierig auf weitere Werke des Autors gemacht hat. Und je mehr ich die Geschichte rekapitulieren lasse, desto mehr Hinweise und wertvolle Impulse erkenne ich darin.