Rezension von Annemarie

Ins Kloster gehen. Aus dem Alltag ausbrechen. Eine andere Welt kennenlernen. Gott erleben. Allen Alltagsstress ausschalten und meditative Ruhe spüren. Wie viele Menschen träumen irgendwann einmal in ihrem Leben davon, und setzen es doch nie um. Henri Nouwen hingegen, ein ehemaliger Priester, Hochschuldozent und schließlich Teilnehmer der „Arche“-Bewegung und der Autor dieses Bandes, hat genau das umgesetzt. Für sieben Monate – von Pfingsten bis Weihnachten – ist er ins Trappistenkloster Genesee Abbey im US-amerikanischen Staat New York gegangen, um dort nicht als Gast, sondern als Mönch mit den übrigen Mönchen zu leben. Von seinen Erlebnissen und Erfahrungen schreibt er in diesem Band.

Das Buch ist wie ein Tagebuch gestaltet. So schreibt Nouwen fast jeden Tag über seine Erlebnisse, das, was ihn berührt und beschäftigt hat, und seine innerlichen Veränderungen. Die einzelnen Monate Juli bis Dezember 1974, die er im Kloster zugebracht hat, bilden auch die Kapitel. Einführung und Nachwort sowie ein kurzes Anmerkungsverzeichnis bilden den Rahmen dieses Bandes.

Rezension

Was ich im Voraus nicht wusste: Nouwens Erzählung über sein Leben im Kloster stammt nicht aus der jetzigen Zeit, vielmehr handelt es sich bei dem Band um eine Neuausgabe. Der Autor war schon im Jahr 1974, also vor 34 Jahren (Stand: 2018), im Kloster, das heißt seine Erzählung über das Leben im Kloster ist längst nicht mehr aktuell, und der Band wurde 1976 erstveröffentlicht. Diese Information finde ich ziemlich essenziell wichtig und so etwas gehört aus meiner Sicht auch auf den hinteren Einband. So war ich schon etwas enttäuscht. Nouwen selbst lebt ebenfalls nicht mehr, sondern ist bereits 1996 verstorben.

Schön hätte ich es auch gefunden, wenn zumindest einige wenige Schwarzweiß-Fotografien im Band vorhanden gewesen wären. Es ist aber kein einziges Bild vorhanden. So kann ich mir von der ganzen Atmosphäre, von Nouwen selbst und vom Kloster kaum ein Bild machen. Das hat mir doch gefehlt. Dafür schreibt der Autor aber sehr tiefgründig und spirituell. Daher sollte man, wenn man aus diesem Band etwas für sich mitnehmen möchte, auf jeden Fall gläubiger Christ sein, denn Andersgläubige werden mit Nouwens Überlegungen und Erkenntnissen vermutlich nicht allzu viel anfangen können.

Der Autor spricht auch öfters über Heilige und die Jungfrau Maria. Als Protestant könnte man damit seine Probleme bekommen, daher würde ich insbesondere Protestanten dringend empfehlen, vorher zu überlegen, inwieweit man aus einem solchen Band Nutzen ziehen kann und möchte. Für spirituell veranlagte Katholiken hingegen kann das Buch aus meiner Sicht eine für die persönliche Weiterentwicklung uneingeschränkt nützliche Lektüre sein.
Gut gefielen mir auch das trotz der über 250 Seiten Umfang wirklich ungewöhnlich geringe Gewicht und die geringe Größe des Bandes, sodass er sich gerade dafür prädestiniert, unterwegs gelesen zu werden. Da es sich um ein wenig stabiles Taschenbuch handelt, sollte man dem Band vorher aber einen Schutzumschlag umtun, denn sonst hat man nicht sehr lange Freude daran. Sehr gut eignet sich das Buch infolge der kurzen Tagessequenzen dazu, in vielen kleinen Abschnitten gelesen zu werden. Daher kann man es gut als kleinen spirituellen Begleiter im Arbeitsalltag nutzen.

Fazit

Ein interessantes, tiefgründiges Buch über das Klosterleben im Jahr 1974. Besonders Katholiken und Ähnlichgläubigen, die einen spirituellen Ratgeber für den Alltag suchen, zu empfehlen.